Freitag, 23. Mai 2008

Parlament fordert Kommission heraus

Konservative Abgeordnete unterlagen bei der Abstimmung über eine ausgeweitete Antidiskriminierungsrichtlinie im Europaparlament. Aber auch der EU-Kommission gehen die Forderungen nach einer umfassenden Gleichbehandlung zu weit.

Mit einer knappen Mehrheit forderten die Abgeordneten des Europaparlaments am Dienstag eine »umfassende Richtlinie« für die Bekämpfung jeglicher Art von Diskriminierung ein. 362 Abgeordnete stimmten dem zu, 262 lehnten ab. Die Europäische Kommission hatte zuvor angekündigt, im Juni zwar eine neue Vorgabe »zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung außerhalb des Beschäftigungsbereichs« vorzulegen, doch gegen den ausgeweiteten Forderungskatalog der Abgeordneten regt sich in Brüssel Widerstand.

In dem Parlamentsbericht wird verlangt, dass bei der rechtlichen Umsetzung bestehender Richtlinien aufgetretene Mängel beseitigt, effektive Sanktionen eingeführt und Opfer unterstützt werden. Die »umfassende Richtlinie« der EU-Kommission müsse jegliche Diskriminierung gemäß Artikel 13 des EG-Vertrags bekämpfen – also jede Demütigung aus Gründen des Geschlechts, der Abstammung, der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Orientierung. Die Kommission wird aufgefordert, durch »Verstoß- und Nichteinhaltungsverfahren« weiterhin Druck auf die Mitgliedstaaten auszuüben, damit sie ihren rechtlichen Verpflichtungen zur Umsetzung dieser Richtlinien so rasch wie möglich vollständig nachkommen. Um Diskriminierung vorzubeugen, sollten Sanktionen im Falle von Verstößen gegen nationale Vorschriften »effektiv, verhältnismäßig und abschreckend« sein. Außerdem bemängelt das Papier, dass EU-Bürger nicht ausreichend über mögliche Rechtsmittel aufgeklärt würden, die sie in Fällen von Diskriminierung anwenden könnten. Außerdem sollen die Antidiskriminierungsvorschriften auf neue Bereiche wie »Bildung, Sozialschutz einschließlich Sozialversicherung, Wohnungswesen und Gesundheitsfürsorge« ausgeweitet werden.

Gerade letzteres sorgt in Wirtschaftsverbänden, aber auch in der EU-Kommission für Widerstand. EU-Sozialkommissar Vladimir Spidla wollte zunächst lediglich mehr Schutzrechte für Behinderte. Die konservative EVP-Fraktion, die bei der Abstimmung in Straßburg mit ihrem Boykott scheiterte, bezeichnete das Abstimmungsergebnis als einen »Schnellschuss für eine Aufblähung der europäischen Gesetzgebung«.

Die Europaabgeordnete der Grünen Elisabeth Schroedter erinnerte daran, dass die CDU die Durchsetzung der Nichtdiskriminierung schon bei der deutschen Gesetzgebung zum Gleichbehandlungsgesetz nicht akzeptieren wollte. Die geplante Rahmenrichtlinie sei ihr nun ein »willkommener Anlass, dies noch einmal zum Ausdruck zu bringen«.

In einem weiteren Bericht forderten die Abgeordneten in Straßburg eine Überarbeitung der Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten. Die Abgeordneten setzen sich u.a. für eine spätere Verrentung auf freiwilliger Basis und angemessene Einkommen als Instrument zur Armutsbekämpfung ein. Zudem wird eine wirksame aktive Arbeitsmarktpolitik gefordert, die den Menschen dabei hilft, sich auf rasch ändernde Verhältnisse einzustellen, Phasen der Arbeitslosigkeit zu reduzieren und den Eintritt in ein neues Beschäftigungsverhältnis zu erleichtern.

Die Abgeordnete der LINKEN Gabi Zimmer kritisierte die Beschäftigungsstrategie der EU-Kommission grundsätzlich. Mit ihr werde »eine konkrete Verknüpfung mit Maßnahmen zur Hebung der Qualität der Arbeit, zur Stärkung des Normalarbeitsverhältnisses, zur Sicherung gerechter, ein Leben in Würde ermöglichender Einkommen, zur Stärkung des Sozialschutzes verweigert«. Dies habe mit Beschäftigungspolitik nichts zu tun, betonte Zimmer.

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