Donnerstag, 9. Februar 2006

Kaum Gedränge auf Westmärkten - EU-Berichterstatter fordert Abbau der Zugangsbarrieren für Arbeitskräfte

EU-Sozialkommissar Vladimir Spidla hat am Mittwoch die Angst der Deutschen vor osteuropäischer Konkurrenz als unbegründet zurückgewiesen.

Nach Spidlas Bericht drängen Jobsuchende aus den zehn neuen EU-Staaten »nur sehr begrenzt auf die Märkte im Westen«. Knapp zwei Jahre nach der EU-Osterweiterung hat der Tscheche deshalb auch den Abbau der letzten Zugangsbarrieren gefordert. Der Kommissar bezeichnete die Freizügigkeit als »ein Grundrecht im Binnenmarkt«.

In dem Bericht machte Spidla deutlich, dass es »keinen direkten Zusammenhang zwischen Einwanderung und nationalen Bestimmungen« gebe und entkräftete damit ein Argument jener Staaten, die sich einer Öffnung bislang verweigern. So hätte Deutschland von Mai bis September 2005 etwa eine halbe Million Arbeitsgenehmigungen ausgestellt. In Großbritannien, das neben Irland und Schweden auf nationale Quoten verzichtet hatte, waren es dagegen nur 290 000. Insgesamt hätten diese drei Staaten von der Migration sogar profitiert, denn sie verfügten über ein hohes Wirtschaftswachstum und über einen Rückgang der Arbeitslosigkeit, argumentierte Spidla. Der Einwanderungsstrom sei insgesamt »sehr gering« ausgefallen, sagte der EU-Politiker.

Andererseits habe das »alte Europa« aber einen Bedarf an Einwanderern, denn es müsse der niedrigen Geburtenrate und der höheren Lebenserwartung entgegenwirken. Bis 2030 benötigt die EU nach eigenen Berechnungen rund 20 Millionen zusätzliche Arbeitskräfte. Von den großen EU-Staaten weisen aber nur Frankreich und Britannien bis 2050 ein Bevölkerungswachstum auf.

SPD-Vizekanzler Franz Müntefering hatte bereits vor dem EU-Bericht deutlich gemacht, dass Deutschland die Frist zu verlängern gedenkt. Er erhielt am Mittwoch von der sozialdemokratischen EU-Abgeordneten Karin Jöns Schützenhilfe, die es wegen der hohen Arbeitslosigkeit für verfrüht hält, den BRD-Arbeitsmarkt bereits im Mai für Jobsuchende der neuen Mitgliedstaaten zu öffnen. »Wir sollten vielmehr die bestehenden Zugangsbeschränkungen noch einmal für drei weitere Jahre aufrechterhalten«, argumentierte Jöns. Dagegen erwägen einige Länder, darunter Finnland, Dänemark, Griechenland, Portugal, die Niederlande und Spanien, die Lockerung ihrer nationalen Beschränkungen. Im Kommissions-Papier werden diese Staaten darin bestärkt, weil nationale Schranken nur die »Nutzung von nicht deklarierter Arbeit erhöhen« würden, sagte Spidla. Auch im EU-Parlament mehren sich die Stimmen für eine Öffnung der Grenzen.

»Eine Verlängerung der Zugangssperre verschlimmert nur die Probleme«, sagte die EU-Abgeordnete Elisabeth Schrödter (Grüne). »Wenn wir die Übergangsregelungen jetzt aufheben, können die illegalen Arbeitsverhältnisse legalisiert werden.« Für ihre Fraktionskollegin Eva Lichtenberger (Österreich) führten die Zugangsbeschränkungen zu einer »völlig intransparenten Situation, die durch Sonderregelungen wie die Regelungen für Saisonarbeitskräfte noch unübersichtlicher wird«. Gabi Zimmer von der Linkspartei forderte in diesem Zusammenhang die EU-Mitgliedstaaten erneut auf, endlich die UNO-Konvention zum Schutz der Rechte von Wanderarbeitern und ihren Familien, die auf die Integration von Wirtschaftsmigranten zielt, zu unterzeichnen und umzusetzen.

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