Gegen ein Europa des totalen Wettbewerbs - Demonstration in Straßburg gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie
Samstag Nachmittag demonstrierten rund 15 000 Gewerkschafter und Globalisierungsgegner in Straßburg gegen die Bolkestein-Richtlinie. Sie steht in dieser Woche auf der Tagesordnung des Europa-Parlaments.
Stunden vor dem offiziellen Beginn des Protestmarsches gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie in Straßburg vertreiben sich die mit Bussen angereisten Demonstranten die Zeit mit eigenen kleinen Programmen. Eine Gruppe aus dem Ruhrpott hat Musiker mitgebracht; zwischendurch kann jeder, der will, über Mikrophon seinen Unmut über die Bolkestein-Richtlinie kundtun. Dabei ist auch Kritik an den Veranstaltern nicht zu überhören. Die Entscheidung, »nach Straßburg oder nach Berlin zu fahren«, sei ihm nicht leicht gefallen, beklagt ein Teilnehmer unter laustarkem Beifall. »Ich habe kein Verständnis dafür, wenn jeder sein Süppchen organisiert. Es wäre besser gewesen, wir wären heute alle in Straßburg aufgetreten.«
Die Bochumer Opel-Jugendvertreterin Jana Gärtner berichtet, wie der Autokonzern die Lohnkosten zu drücken versucht, um auf die profitable Überholspur zu kommen. »Sie haben vor, die ganze Lehrwerkstatt an eine Leiharbeitsfirma zu verkaufen«, sagt sie. »Auf diese Weise sollen wir uns daran gewöhnen, für Billiglöhne zu arbeiten, willig zu sein und in ganz Deutschland herumgeschickt zu werden.« Den jungen Leuten bei Opel gehe es nicht nur um ihre eigenen Löhne, sondern auch darum, dass die Kollegen in Polen und anderswo zu deutschen Bedingungen ihr Geld erhalten.
Das sieht die Mitbegründerin von Attac in München, Christiane Hansen, ähnlich. Bei der offiziellen Auftaktveranstaltung erklärt sie, als gebürtige Straßburgerin, die seit über 30 Jahren in der bayerischen Metropole lebe, wisse sie durchaus, wie wichtig ein Europa ohne nationale Grenzen sei. »Doch heute steckt dieses Europa in einer ganz tiefen Krise.« Die Märkte seien geöffnet worden, doch die steuerlichen und sozialen Wege national geblieben. »Die Folge ist ein ruinöser Wettbewerb über soziale Standards, Lohndumping und Steuergeschenke für Reiche und Konzerne. Wir wollen kein Europa des totalen Wettbewerbs«, ruft Hansen den Teilnehmern zu. Der Plan zur Öffnung der Dienstleistungsmärkte sei Teil einer globalen Ideologie und die Bolkestein-Richtlinie nur ein Element in einer langen Kette von Zumutungen.
Gut 15 000 Demonstranten sind zu der Auftaktveranstaltung vor der Straßburger Börse auf dem Place de I'Etoile gekommen und damit dem Aufruf von Attac sowie von französischen sowie deutschen Gewerkschaften gefolgt. Über knapp vier Kilometer bewegt sich der bunte Protestzug durch die historische Innenstadt zur Avenue Herrenschmitt. Vor wenigen Tagen hatten die Behörden die eigentlich geplanten Route am Europäischen Parlament vorbei untersagt und dies mit dem Ablauf vorheriger Veranstaltungen begründet. Bei den Protesten um die EU-Hafenrichtlinie vor einem Monat hatte die Polizei mehrere Teilnehmer verhaftet, die Justiz urteilte die Betroffenen in Schnellverfahren ab und brachte einige hinter Gitter.
Dass der Protest auch sonst durchaus bewusst erschwert wurde, berichtet eine Demonstrantin aus Grenoble. »Im Vorfeld war in der französischen Presse kaum etwas über die Veranstaltung zu lesen«, beklagt die ältere Frau am Rande der Demonstration die Grenzen der nationalen Informationspolitik. Dies sei auch der Grund dafür, dass deutlich mehr Deutsche als Franzosen gekommen seien. Die Frau zeigt auf ein Plakat der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di: »Aber Ihr seid ja da«, sagt sie lächelnd. »Das hat auch mit Solidarität zu tun.«
Auch der linke Europaparlamentarier und Vorsitzende der französischen Kommunisten, Francis Wurtz, sprach in Straßburg von der internationalen Dimension der Dienstleistungsrichtlinie, die am Dienstag im Straßburger EU-Parlament beraten und zwei Tage später per Abstimmung durchgeboxt werden soll. »Wir müssen gemeinsam ein Projekt zu Fall bringen, das typisch für dieses liberale Europa ist«, rief er. Ein klarer Bruch mit der neoliberalen Logik sei notwendig, damit die Menschen wieder Vertrauen und Hoffnung in die Zukunft bekämen. Deutliche Wort fand Wurtz für den Kompromiss, der vergangene Woche zwischen Sozialdemokraten und Konservativen ausgehandelt worden sein soll. »Hat sich die Direktive in ihrer Substanz verändert?« Können sich die Lohnabhängigen nun beruhigter fühlen im Hinblick auf ihre sozialen Rechte? Leider ist die Antwort: Nein!«
Man habe das Gefühl, gegen Windmühlenräder anzukämpfen, sagt einer in der kleinen Runde der Ruhrgebietler. Er erinnert dann aber an Bolivien, wo es einem Volk gelungen sei, eine Regierung zu stürzen. »Dann frage ich mich: Warum sollte es nicht auch in Europa möglich sein, dafür zu sorgen, dass ein solch unsägliches Papier aus der Schublade des Europäischen Parlaments verschwindet?«
Auch der Europaabgeordnete Francis Wurtz sieht die Bewegungen und zahlreichen Initiativen gegen Bolkestein auf einem guten Weg: »Wir haben die Vertreter dieser Richtlinie in die Defensive gedrängt«, sagte er. Für Christiane Hansen steht die Protestwelle dagegen allenfalls am Anfang: »Wir müssen noch viel mehr Druck erzeugen. Das hier reicht noch nicht aus!«
Stunden vor dem offiziellen Beginn des Protestmarsches gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie in Straßburg vertreiben sich die mit Bussen angereisten Demonstranten die Zeit mit eigenen kleinen Programmen. Eine Gruppe aus dem Ruhrpott hat Musiker mitgebracht; zwischendurch kann jeder, der will, über Mikrophon seinen Unmut über die Bolkestein-Richtlinie kundtun. Dabei ist auch Kritik an den Veranstaltern nicht zu überhören. Die Entscheidung, »nach Straßburg oder nach Berlin zu fahren«, sei ihm nicht leicht gefallen, beklagt ein Teilnehmer unter laustarkem Beifall. »Ich habe kein Verständnis dafür, wenn jeder sein Süppchen organisiert. Es wäre besser gewesen, wir wären heute alle in Straßburg aufgetreten.«
Die Bochumer Opel-Jugendvertreterin Jana Gärtner berichtet, wie der Autokonzern die Lohnkosten zu drücken versucht, um auf die profitable Überholspur zu kommen. »Sie haben vor, die ganze Lehrwerkstatt an eine Leiharbeitsfirma zu verkaufen«, sagt sie. »Auf diese Weise sollen wir uns daran gewöhnen, für Billiglöhne zu arbeiten, willig zu sein und in ganz Deutschland herumgeschickt zu werden.« Den jungen Leuten bei Opel gehe es nicht nur um ihre eigenen Löhne, sondern auch darum, dass die Kollegen in Polen und anderswo zu deutschen Bedingungen ihr Geld erhalten.
Das sieht die Mitbegründerin von Attac in München, Christiane Hansen, ähnlich. Bei der offiziellen Auftaktveranstaltung erklärt sie, als gebürtige Straßburgerin, die seit über 30 Jahren in der bayerischen Metropole lebe, wisse sie durchaus, wie wichtig ein Europa ohne nationale Grenzen sei. »Doch heute steckt dieses Europa in einer ganz tiefen Krise.« Die Märkte seien geöffnet worden, doch die steuerlichen und sozialen Wege national geblieben. »Die Folge ist ein ruinöser Wettbewerb über soziale Standards, Lohndumping und Steuergeschenke für Reiche und Konzerne. Wir wollen kein Europa des totalen Wettbewerbs«, ruft Hansen den Teilnehmern zu. Der Plan zur Öffnung der Dienstleistungsmärkte sei Teil einer globalen Ideologie und die Bolkestein-Richtlinie nur ein Element in einer langen Kette von Zumutungen.
Gut 15 000 Demonstranten sind zu der Auftaktveranstaltung vor der Straßburger Börse auf dem Place de I'Etoile gekommen und damit dem Aufruf von Attac sowie von französischen sowie deutschen Gewerkschaften gefolgt. Über knapp vier Kilometer bewegt sich der bunte Protestzug durch die historische Innenstadt zur Avenue Herrenschmitt. Vor wenigen Tagen hatten die Behörden die eigentlich geplanten Route am Europäischen Parlament vorbei untersagt und dies mit dem Ablauf vorheriger Veranstaltungen begründet. Bei den Protesten um die EU-Hafenrichtlinie vor einem Monat hatte die Polizei mehrere Teilnehmer verhaftet, die Justiz urteilte die Betroffenen in Schnellverfahren ab und brachte einige hinter Gitter.
Dass der Protest auch sonst durchaus bewusst erschwert wurde, berichtet eine Demonstrantin aus Grenoble. »Im Vorfeld war in der französischen Presse kaum etwas über die Veranstaltung zu lesen«, beklagt die ältere Frau am Rande der Demonstration die Grenzen der nationalen Informationspolitik. Dies sei auch der Grund dafür, dass deutlich mehr Deutsche als Franzosen gekommen seien. Die Frau zeigt auf ein Plakat der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di: »Aber Ihr seid ja da«, sagt sie lächelnd. »Das hat auch mit Solidarität zu tun.«
Auch der linke Europaparlamentarier und Vorsitzende der französischen Kommunisten, Francis Wurtz, sprach in Straßburg von der internationalen Dimension der Dienstleistungsrichtlinie, die am Dienstag im Straßburger EU-Parlament beraten und zwei Tage später per Abstimmung durchgeboxt werden soll. »Wir müssen gemeinsam ein Projekt zu Fall bringen, das typisch für dieses liberale Europa ist«, rief er. Ein klarer Bruch mit der neoliberalen Logik sei notwendig, damit die Menschen wieder Vertrauen und Hoffnung in die Zukunft bekämen. Deutliche Wort fand Wurtz für den Kompromiss, der vergangene Woche zwischen Sozialdemokraten und Konservativen ausgehandelt worden sein soll. »Hat sich die Direktive in ihrer Substanz verändert?« Können sich die Lohnabhängigen nun beruhigter fühlen im Hinblick auf ihre sozialen Rechte? Leider ist die Antwort: Nein!«
Man habe das Gefühl, gegen Windmühlenräder anzukämpfen, sagt einer in der kleinen Runde der Ruhrgebietler. Er erinnert dann aber an Bolivien, wo es einem Volk gelungen sei, eine Regierung zu stürzen. »Dann frage ich mich: Warum sollte es nicht auch in Europa möglich sein, dafür zu sorgen, dass ein solch unsägliches Papier aus der Schublade des Europäischen Parlaments verschwindet?«
Auch der Europaabgeordnete Francis Wurtz sieht die Bewegungen und zahlreichen Initiativen gegen Bolkestein auf einem guten Weg: »Wir haben die Vertreter dieser Richtlinie in die Defensive gedrängt«, sagte er. Für Christiane Hansen steht die Protestwelle dagegen allenfalls am Anfang: »Wir müssen noch viel mehr Druck erzeugen. Das hier reicht noch nicht aus!«
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