Sonntag, 4. März 2007

Fußball an der Börse

Mit der Rolle des Profifußballs in Europa beschäftigte sich ein Bericht des belgischen Abgeordneten Ivo Belet, über den das Europaparlament in seiner Sitzung voraussichtlich am 13. oder 14. März in Straßburg debattieren wird. In dem Papier wird die Einrichtung einer unabhängigen Behörde gefordert, welche die finanziellen Aktivitäten von Profiklubs überwachen und damit zur Verhinderung von "Betrugsdelikten und undurchsichtigen Investitionen" im Fußballgeschäft beitragen soll.

Jährlich werden bis zu vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Europäischen Union durch Sport erwirtschaftet, heißt es in dem Papier. Diese enorme Expansion hat zu einer Zunahme des Wertes der Fernseh- und Vermarktungsrechte und des Sponsoring geführt. Viele kriminelle Handlungen – wie Spielmanipulationen und Korruption – seien das Ergebnis der Spirale von Ausgaben, Gehälter-Inflation und der daraus folgenden Finanzkrise vieler Vereine. Deshalb fordert Bellet für sämtliche europäischen Vereine „eine identische Finanzkontrolle“, um die Transparenz zu gewährleisten und um „finanzielle Ausrutscher und Ungleichbehandlungen zu vermeiden“.

Zudem wird in dem Bericht der gegenwärtige Trend, dass die Vereine an die Börse gehen, kritisch hinterfragt. Bellet bezeichnet in als einen „Schritt der Annäherung an das amerikanische Modell“. In den Vereinigten Staaten seien Profi- und Amateurligen klar getrennt. Die amerikanischen Vereine in den höchsten geschlossenen Ligen wären „gewinnorientierte und weniger erfolgsorientierte Einheiten“, daher gebe es auch Aufstieg und Relegation nicht. Um interessante Wettbewerbe zu haben, seien die Vereine für Umverteilungsmaßnahmen offen. Es stelle sich allerdings die Frage, ob „die beiden Ziele - das Spiel gewinnen und die Gewinne der Aktionäre zu optimieren - innerhalb des traditionellen offenen europäischen Modells kombiniert“ werden könnten.

Zwar gebe es aufgrund nationaler Unterschiede in der Anwendung von Lizenzregelungen „keine gleichen Wettbewerbsbedingungen im Profifußball“, doch bewertet Bellet zumindest die langwierigen Auswirkungen des Bosman-Urteils aus dem Jahre 1995 auf die Herangehensweise der europäischen Clubs an Spielerverträge als positiv. „Aber eine Vielzahl von Profispielern in Europa - laut Fifpro ca. 50 Prozent - haben nach wie vor keinen Arbeitsvertrag mit ihrem Verein, und eine Reihe von Beschäftigungs- und Ausbildungsverträgen sind rechtlich problematisch“, schränkt er ein. Außerdem führten die Unterschiede zwischen den Sozial- und Steuergesetzen der Mitgliedstaaten zu Ungleichgewichten zwischen den Vereinen. Diese wiederum könnten ein Grund dafür sein, dass Spieler ihr Heimatland verlassen. Nach Ansicht von Bellet könnten diese Probleme „durch eine Harmonisierung/Koordinierung des rechtlichen, sozialen und steuerlichen Status für Profispieler und Clubs überwunden werden“. In einem Sozialdialog müsste man auch die Fragen der Altersversorgung, der Arbeitslosigkeit und des Krankheitsurlaub erörtern.


Der neue Präsident der UEFA, Michel Platini, erklärte kürzlich, er wolle die EU dafür mobilisieren, für den europäischen Fußball einen schützenden Rechtsrahmen zu schaffen und dafür zu sorgen, dass Fußball ein Spiel bleibt und nicht zum Produkt reduziert wird. Doch gerade für Sport hat die EU aber kaum gesetzgeberische Kompetenzen. Einer der größten Erfolge in den vergangenen Jahren war die Gesetzgebung zur Mindestinformation über Ereignisse von öffentlichen Interesse, die sogenannte Richtlinie Fernsehen ohne Grenzen. Sie führte in Deutschland dazu, dass Zusammenschnitte aus Bundesligaspielen stets auch im Free-TV gesendet werden konnten.

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