Donnerstag, 8. Februar 2007

Verheugens »integrierter Ansatz«

Der Verkehrssektor ist ein Schlüsselbereich beim Klimaschutz. Umso enttäuschender ist die aufgeweichte Autostrategie der EU-Kommission.

EU-Industriekommissar Günther Verheugen und sein für Umwelt zuständiger Kollege Stavros Dimas zeigten sich am Mittwoch sehr bemüht, den seit Monaten schwelenden Streit über die europaweite CO2-Strategie für Autos herunterzuspielen. Dimas wollte den Autokonzernen verbindlich die Senkung des CO2-Ausstoßes von Neuwagen auf 120 Gramm je Kilometer bis zum Jahr 2012 vorschreiben. Dies sollte allein durch effizientere Motoren erreicht werden. Der deutsche Sozialdemokrat forderte dagegen, es müssten auch »weiche Faktoren« wie sparsamere Fahrweise, Stauvermeidung und Einsatz von Biosprit angerechnet werden. Nachdem sich beide in den letzten Wochen nicht einigen konnten, übernahm Kommissionspräsident José Manuel Barroso die Federführung.

Gestern nun legten Dimas und Verheugen ein Strategiepapier vor, das als Kompromiss präsentiert wurde und als Grundlage für einen Gesetzentwurf dienen soll. Danach wird per Dekret die Senkung des CO2-Ausstoßes bei Neuwagen auf 120 Gramm pro Kilometer gedrosselt. Allerdings müssen die Autobauer über eine verbesserte Motorentechnik nur noch eine Senkung auf 130 Gramm CO2 pro Kilometer erreichen. Die restlichen zehn Gramm sollen durch Anrechnung von Biosprit, sparsamere Klimaanlagen sowie durch Kontrollsysteme für optimalen Reifendruck erreicht werden. Verheugen sprach von einem »integrierten Ansatz«, bei dem auch die Mitgliedsstaaten eine Rolle spielen: Die sollen zusätzliche Maßnahmen im Bereich des Verkehrsmanagements und zur Verbesserung des Fahrverhaltens ergreifen.

Dimas gab sich überzeugt, dass »wir bald nicht nur sauberere Autos haben werden, sondern auch leistungsfähigere«. Der Umweltkommissar verwies auf die Notwendigkeit, die verlangte Reduzierung des CO2-Ausstoßes bis zum Jahr 2012 auch wirklich zu erreichen. »Anders sind die Kyoto-Ziele nicht zu schaffen.«

Industriekommissar Verheugen machte darauf aufmerksam, dass die Ziele einer Reduzierung bis 2012 vor allem für die Hersteller von mittleren und kleinen Fahrzeugen zu einem zusätzlichen Kostendruck führen könnten, die sie teilweise durch höhere Preise auffangen werden. Aber die Vorteile würden sich »letztlich auch für den Endverbraucher rechnen«. Der Kostendruck dürfe nicht zu Standortverlagerungen führen. Mit dem Kompromiss zeigte er sich dennoch zufrieden: »Damit verbinden wir Klimaschutz mit dem Schutz von Arbeitsplätzen in einer unseren Schlüsselindustrien.« Sichtlich gereizt reagierte Kommissionsvize Verheugen auf die Frage, ob sich die Politik von der deutschen Autolobby habe beeinflussen lassen. »Diese Behauptung weisen wir zurück«, schnaubte Verheugen.

Das Papier der EU-Kommission ist die Antwort auf eine gescheiterte Selbstverpflichtung der Autoindustrie aus dem Jahr 1998, wonach diese bis Ende 2008 ihren durchschnittlichen CO2-Ausstoß auf 140 Gramm je Kilometer senken wollte. Er liegt derzeit bei gut 163 Gramm. Ein Gesetzesvorschlag der EU-Kommission soll nun bis spätestens Mitte 2008 folgen und muss dann von den Mitgliedstaaten und dem Europaparlament verabschiedet werden. Welches Ressort die Federführung übernehmen wird, steht noch nicht fest. Davor werde es eine umfangreiche Folgekostenanalyse geben, sagte Verheugen. Eine Unterscheidung nach Fahrzeugtypen bei der Festsetzung von CO2-Durchschnittsgrenzen sei eine Möglichkeit, ebenso wie ein größerer Beitrag im Oberklassensegment.

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