Montag, 29. September 2008

Nährstoffe aus dem Müll

Das haben Öl und Phosphate gemeinsam: Die weltweiten Vorräte gehen allmählich zur Neige. Im österreichischen Leoben ging vor wenigen Wochen eine moderne Anlage in Betrieb, die dazu beitragen könnte, das Phosphorproblem der Zukunft zu lösen.

Die Preise für Phosphor schießen seit Jahren ähnlich in die Höhe wie der für Öl. Kein Wunder: Die kontinentalen Vorkommen an Phosphatmineralien in Marokko, der Westsahara, in China und im amerikanischen Florida reichen voraussichtlich nur noch für wenige Jahrzehnte. Die Schätzungen variieren zwischen 50 und 130 Jahren. Auf Nauru, dem ehemals größten Speicher der Welt, gehen die Phosphatvorräte seit Mitte der 1970er Jahre kontinuierlich zurück. Mittlerweile sind sie fast völlig erschöpft.

Von den weltweit jährlich geförderten rund 100 Millionen Tonnen an Rohphosphaten werden etwa 90 Prozent zur Herstellung von Düngemitteln verwendet – und der Phosphor ist im Dünger unersetzlich. Zwar geht der Absatz von Düngemitteln zurück, doch das ist einzig den hohen Preisen geschuldet.

Phosphor gehört – neben Stickstoff und Kalium – zu den drei Hauptnährstoffen, die dem Boden durch Düngung immer wieder zugeführt werden müssen.

Bereits seit Jahren machen sich Wissenschaftler Gedanken darüber, wie sie aus Abfällen Wertstoffe zurückgewinnen können. Im Fall des Grundstoffes Phosphor entwickelten Forscher der Technischen Universität Wien nun mit finanzieller Unterstützung des EU-Förderprogramms SUSAN eine einzigartige Technologie, mit der neben dem Phosphor auch Magnesium und Kalzium aus Aschen herausgefiltert wird. Die Rückstände aus den Verbrennungsanlagen, die immerhin einen Phosphoranteil von rund 15 Prozent aufweisen, werden in einer Versuchsanlage in Leoben von der Firma ASH DEC Umwelt AG, einer Ausgründung der TU Wien, nach der Rauchgasreinigung zu hochwertigem Dünger weiterverarbeitet. Nach dem Abscheiden der Schwermetalle entstehen aus 100 Kilogramm Asche auf diese Weise rund 90 Kilogramm Düngemittel. Und noch einen weiteren Vorteil bietet diese Methode: Die Aschen und Schlacken mussten in der Vergangenheit mit hohem finanziellen Aufwand auf Deponien verfrachtet und dort entsorgt werden. Mit einem Schlag wird nun aus den ungeliebten Verbrennungsresten ein begehrtes Produkt.

Das Verfahren funktioniert folgendermaßen: Asche wird mit salzhaltigen Zusatzstoffen vermischt und die entstehenden Pellets werden anschließend auf eine Temperatur von rund 1000 Grad Celsius erhitzt. Bei dieser Temperatur reagieren bis zu 99 Prozent der Schwermetalle, insbesondere die kritischen Stoffe Quecksilber, Cadmium, Blei, Zink und Kupfer, mit den Zusatzstoffen und verdampfen. Übrig bleibt ein phosphorreiches Granulat. Aus den verdampfenden Schwermetallsalzen wird in einem dreistufigem Rauchgasreinigungssystem ein verwertbares Metallkonzentrat gewonnen.

Was für ein Potenzial in der neuen Technologie steckt, zeigen folgende Zahlen: In Europa werden jährlich mehr als eine Million Tonnen Aschen aus der Klärschlamm- und Tiermehlverbrennung auf Deponien entsorgt. Mit den darin enthaltenen Phosphaten könnten bis zu 30 Prozent des jährlichen Bedarfs in Europa gedeckt werden.

Die Technologie wurde bereits erfolgreich verkauft. Im Oktober 2009 startet im oberbayerischen Altenstadt die erste industrielle Anlage, weitere Werke in der Schweiz, den Niederlanden und in Russland sollen folgen.

Lexikon - Zinnorganische Verbindungen

Zinnorganische Verbindungen sind synthetische Substanzen, die hauptsächlich als Stabilisator in PVC, als Katalysator sowie als Biozide eingesetzt werden. Technisch bedeutsam sind neben dem in der EU nun verbotenen Antifoulingzusatz für Schiffsanstriche und Antipilzmittel Tributylzinn (TBT) auch Triphenyl- (TPT), Dibutyl- (DBT) und Dioctylzinnverbindungen (DOT). Sie schädigen unter anderem das Immunsystem bei Säugern. Die Organozinn-Verbindungen sind z.T. leichtflüchtig und können inhalativ oder die Haut aufgenommen werden.

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