Donnerstag, 11. September 2008

Die Festung Europa wird ausgebaut

Das Europaparlament hat jetzt zusätzlichen Kontrollen für Einreisende aus Drittstaaten zugestimmt, für die eine Visumpflicht gilt.

Ab 2009 soll bei der Passkontrolle an EU-Außengrenzen nicht nur geprüft werden, ob jemand nach dem Schengen-System zur Fahndung ausgeschrieben ist. Darüber hinaus soll begutachtet werden, ob die Fingerabdrücke des Einreisenden mit dem Visumantrag übereinstimmen. Die Europaabgeordneten drängten zudem darauf, in Zeiten starken Reiseverkehrs die Kontrollen auch stichprobenartig durchzuführen. Dabei sollen externe Dienstleister die Berechtigung erhalten, Visumsanträge samt biometrischen Daten in Empfang zu nehmen und an die entsprechenden Konsulate weiterzuleiten. Die linke Abgeordnete Sylvia-Yvonne Kaufmann übte im Straßburger Parlament Kritik am geplanten Outsourcing. Es werde die Kosten, die den Antragstellern entstehen, in die Höhe treiben. Auch könne dann »die Sicherheit und Vertraulichkeit der äußerst sensiblen Daten nicht gewährleistet werden«, sagte Kaufmann.

EU-Kommissar Jaques Barrot hatte in der Plenardebatte über diese Maßnahmen erklärt, dass nun die »technischen Voraussetzungen« in den Mitgliedstaaten vorhanden seien, die Schengener Außengrenzen »sicher zu schützen«. Im Visa-Informationssystem (VIS) der EU werden künftig biometrische Daten wie Foto und Fingerabdrücke aller Visa-Bewerber für fünf Jahre gespeichert. Die Informationen sollen von den Konsulaten gemeldet werden und sogenanntes Visa-Shopping verhindern. Antragstellern soll es so unmöglich werden, sich nach einer Ablehnung einfach an Konsulate anderer Schengenstaaten zu wenden. Außerdem will man zur Fahndung ausgeschriebene Personen schneller herausfiltern.

In dem weltweit größten System zur Erfassung aller zehn Fingerabdrücke sollen dann für bis zu 70 Millionen Menschen die Daten für Besuchs- oder Transitvisa für den Schengen-Raum gespeichert werden. Vor allem nichtstaatliche Organisationen hatten vor der Tatsache gewarnt, dass sich die EU mit dem neuen System noch perfekter vor den Ländern der Dritten Welt und deren Flüchtlingen abschotten wolle. Tatsache sei aber, dass immer weniger Menschen Anträge auf Asyl stellten: Vor fünf Jahren hatten noch rund 400 000 Gesuche vorgelegen, 2006 sank die Zahl mit rund 182 000 Anträgen auf nicht einmal die Hälfte. 21 000 Hilfesuchende wandten sich an die Bundesregierung, doch nur 2000 Anträge wurden positiv beschieden.

Nach Angaben der Bundesregierung wird die Einführung des europäischen Visa-Informationssystems in diesem Jahr 14,2 Millionen Euro kosten, nachdem bereits im Vorjahr 16,7 Millionen Euro dafür ausgegeben worden sind. Dies ging aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Grünen hervor. Ab Mai 2009 würden erste Fingerabdrucklesegeräte in die Auslandsvertretungen in der Region Nordafrika gebracht, hieß es. Mit der EU-Kommission sei abgesprochen, dass die weiteren Auslandsvertretungen bis Mitte 2011 an das System angeschlossen würden. Die künftigen Personalkosten im Zusammenhang mit VIS in den deutschen Auslandsvertretungen beziffert die Bundesregierung auf rund acht Millionen Euro jährlich.

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