Montag, 29. September 2008

Benelux-Staaten retten Fortis

Mit einer Finanzspritze in Höhe von 11,2 Milliarden Euro wollen die Regierungen Belgiens, der Niederlande und Luxemburgs eine Pleite des Finanzdienstleisters Fortis verhindern. Die Fortis-Gruppe ist ein internationaler Verbund von Finanzdienstleistern in den Bereichen Banking und Versicherung. Das Unternehmen mit 80 000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 120,5 Milliarden Euro in 2007 gehört zu den größten europäischen Instituten.

Bis Ende vergangener Woche hatte sich die Konzernführung bemüht, die finanzielle Lage herunterzuspielen: Falsche Gerüchte seien gestreut worden. Anleger müssten sich aber keine Sorgen machen, verkündete Bankchef Herman Verwilst, das Haus verfüge über eine ausreichende Eigenkapitaldecke. Doch die Beruhigungspille verpuffte: Binnen weniger Stunden brach der Aktienwert um mehr als 20 Prozent ein und Verwilst trat zurück. Ihm folgte noch am Freitag Filip Dierckx.

Am Wochenende schnürten die drei Benelux-Regierungen nun ein Finanzpaket, mit dem das populäre Bankhaus gerettet werden soll. An der Brüsseler Krisensitzung nahmen neben dem belgischen Premier Yves Laterme, dessen Notenbankchef Guy Quaden sowie Finanzministern der Niederlande und Luxemburgs, Wouter Bos und Luc Frieden, auch hochrangige EU-Vertreter wie Zentralbankdirektor Jean-Claude Trichet und Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes teil. Ergebnis: Belgien übernimmt für 4,7 Milliarden Euro Anteile der belgischen Fortis, die Niederlande investieren vier Milliarden Euro in die Fortis Bank Niederlande und Luxemburg steigt mit 2,5 Milliarden Euro an die Fortis Banque Luxembourg ein. Jede der Regierungen beteiligt sich auf diese Weise mit jeweils 49 Prozent.

Von Verstaatlichung wollte Premier Laterme auf einer eilends einberufenen Pressekonferenz am Montag nicht sprechen: Die Finanzspritze sei lediglich für die Stabilisierung der Bankaktivitäten vorgesehen, werde aber nicht in den Versicherungsbereich und die übergreifende Holding fließen, erklärte er. Es sei auch nicht an eine dauerhafte Beteiligung gedacht. In Belgien selbst soll der Kapitaleinstieg über eine Beteiligungsgesellschaft erfolgen. Da es sich um geliehenes Geld handele, seien keine Folgen für den Staatshaushalt zu befürchten, meinte Laterme.

Wie es mit der angeschlagenen Fortis weitergeht, ist noch unklar. Angeblich sollen die französische Bank BNP-Paribas und die belgische ING Interesse an einer Übernahme signalisiert haben. Der neue Fortis-Chef soll zudem verpflichtet worden sein, die erst vor einem Jahr für 24 Milliarden Euro erworbenen Anteile an der niederländischen Bank ABN Amro wieder abzustoßen, um schnell an flüssiges Kapital zu kommen. Dieser Kauf zur ungünstigen Zeit wird als ein Grund für die aktuelle Schieflage angesehen. Nach ND-Informationen sollen zudem Fortis-Filialen außerhalb der Benelux-Länder, so in der Türkei, und asiatische Versicherungen veräußert werden.

Inzwischen übernahm die belgische Regierung auch eine hundertprozentige Ausfallbürgschaft auf alle Einlagen der Fortis-Sparer. Normalerweise greift in Belgien nur bei Summen bis zu 20 000 Euro ein Garantiefonds, der von der Nationalbank verwaltet wird.

Fortis ist in 50 Ländern vertreten. In Deutschland hat der Konzern 91 Finanz-Shops, die neben Finanzierungen auch Altersvorsorge und Sparprodukte anbieten. Zudem ist er seit knapp zwei Jahren auf dem Versicherungsmarkt aktiv.

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