Donnerstag, 6. November 2008

Abfuhr für Sarkozys »Regierungspläne«

Eine Woche vor dem Weltfinanzgipfel in Washington treffen sich heute die europäischen Staats- und Regierungschefs in Brüssel, um ihre Positionen abzustimmen. Einig sind sie sich in dem Vorhaben, schärfere Regeln für Ratingagenturen und Hedgefonds durchzusetzen. Dagegen trifft der Vorschlag des französischen Staatschefs Nicolas Sarkozy, eine gemeinsame EU-Wirtschaftsregierung zu bilden, auf wenig Gegenliebe.

Der französische Staatspräsident Nikolas Sarkozy hatte Mitte Oktober den Vorschlag entwickelt, eine Wirtschaftsregierung zu etablieren. Schließlich brachte sich Sarkozy selbst als deren Präsident ins Gespräch und erntete heftige Kritik. »Es wird keine institutionalisierte Struktur auf Ebene der Staats- und Regierungschefs der Währungsunion geben«, meinte etwa der Eurogruppen-Vorsitzende, der luxemburgische Regierungschef Jean-Claude Juncker, der sich durch diese Äußerung allerdings Ärger mit seinen französischen Nachbarn einhandelte. Auch der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück erklärte, dass die französische Ratspräsidentschaft ihre Vorschläge bis zum Brüsseler Gipfel überarbeiten werde. Von einer gemeinsamen Wirtschaftsregierung soll in dem neuen Leitlinienpapier, das heute beraten wird, keine Rede mehr sein.

Halbwegs einig scheinen sich die europäischen Staatschefs allerdings in der Frage zu sein, was als Ergebnis des Weltfinanzgipfels in Washington herauskommen müsse. So sollten dort die globalen Spielregeln für künftige Krisenpräventionen festgelegt werden, hieß es. Außerdem wolle man den einzelnen Akteuren, wie dem Internationalen Währungsfonds (IWF), ihre Rollen zuweisen und prüfen, wie die Institutionen die neuen Finanzmarktregeln durchsetzen können. Nach dem Willen Sarkozys soll kein Finanzinstitut und kein Markt unbeaufsichtigt sein.

Dass die Einführung derartiger Regularien tatsächlich auch über die EU-Grenzen hinaus gelingen könnte, davon zeigen sich die meisten Diplomaten vor dem Treffen überzeugt: »Marktwirtschaft funktioniert dann, wenn die Märkte Regeln haben, wenn sie durchschaubar sind und transparent«, meinte etwa Österreichs Finanzminister Wilhelm Molterer. Und diese Überzeugung habe sich inzwischen auch außerhalb Europas durchgesetzt.

Dabei dürften sich die EU-Staatschefs noch gut daran erinnern, dass derartige Verabredungen noch vor einem Jahr selbst in der EU kaum möglich waren. Schon vor Ausbruch der Krise hatte die Einführung strengerer Regulierungen der Finanzmärkte unter deutscher Ratspräsidentschaft 2007 eine Rolle gespielt. Seinerzeit stellte sich London quer – und auch die US-Amerikaner machten deutlich, dass sie solche Instrumentarien rundum ablehnen: Sie setzten weiter auf die Selbstregulierung der Märkte.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hofft nun darauf, dass in Washington verbindliche Absprachen im »transatlantischen Rahmen« getroffen werden. »Diese Verhandlungen dürfen nicht verschleppt werden«, forderte sie. Sie sehe gute Chancen, dass die Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer ein »klares Mandat für einen internationalen Finanzmarktrahmen« beschließen werden.

Beim Brüsseler Treffen wird es aber auch um die gekränkte Ehre einiger Diplomaten gehen. Ausgerechnet der Eurogruppen-Vorsitzende Juncker hat von den Amerikanern keine Einladung für den Washingtoner Gipfel erhalten. Ebenso erging es dem spanischen Ministerpräsidenten José Luis Rodriguez Zapatero. Als eine Art Nachbarschaftshilfe hat Sarkozy dem Spanier nun angeboten, den französischen Platz beim Weltgipfel einzunehmen, weil er in seiner Funktion als amtierender Ratschef ohnehin teilnehmen werde. Doch in Spanien führte das Angebot zu heftigen Protesten der Opposition: Sie sehen den Stolz ihrer Nation verletzt ...

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