Grenzen der PR-Botschaften - EU-Parlament stimmte strengen Regeln für Lebensmittelwerbung zu
Der Kompromiss um strengere EU-Vorschriften für die Lebensmittelwerbung hat am Dienstag nach der zweiten Lesung das Europäische Parlament passiert. Damit kann die Neuregelung, um die seit Jahren Lebensmittel- und Süßwarenhersteller mit Verbraucherschützern gestritten haben, noch in diesem Jahr in Kraft treten.
»Wir wollen verhindern, dass auf einem Müsli, das fast nur aus Zucker besteht, geschrieben steht, dass es gesunde Knochen macht. Solche Aussagen muss der Hersteller in Zukunft beweisen«, erklärte Sprecherin Beate Gminder die Intentionen der EU-Verbraucherkommission, strengere Regeln für Lebensmittelwerbung zu schaffen. Produzenten und Werbetreibende vor allem aus Deutschland hatten lange gegen die neue Verordnung gewettert. Zweifelsohne werden sie einige Probleme bekommen: Werbe-Versprechen sind künftig unzulässig, wenn sie nicht wissenschaftlich nachgewiesen sind. Wer wird schon schlüssig belegen können, dass ein Verbraucher tatsächlich rote Bäckchen beim Genuss eines Fruchtsafts bekommt oder beim Schlürfen von Cola zu lachen beginnt? Welcher Margarine-Hersteller wird nachweisen können, dass der Verbraucher nach dem Genuss des Produktes tatsächlich den erhofften wohlproportionierten und durchtrainierten Körper erhält, wie das der Aufdruck auf dem Deckel erahnen lässt?
Kurzum: Mit der künftigen Verordnung »zu nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben über Lebensmittel« sollen irreführende Werbeslogans unterbunden werden, was letztlich für mehr Klarheit und Wahrheit bei den Verbrauchern führen soll. So darf die Aussage »gut für die Knochen« auf dem Kinderriegel zwar noch aufgedruckt werden, wenn sie zugelassene Nährwertgrenzen überschreiten. Aber gleichzeitig muss eine gleichberechtigte Warnung vor dem Nährstoff (»enthält viel Zucker») auf dem Etikett zu lesen sein.
Die so genannten Nährwertprofile sollen bestimmte Obergrenzen für Zucker, Salz und Fett enthalten, die von der Europäischen Lebensmittelbehörde (EFSA) in Parma festgelegt werden. Der nach zähem Ringen zwischen Parlament und Ministerrat ausgehandelte Kompromiss besagt, dass Slogans wie »macht fit« oder »stärkt die Abwehrkräfte« nur noch Verwendung finden dürfen, wenn mindestens zwei Grenzwerte eingehalten werden.
Ausgenommen sind unverpackte Lebensmittel wie Brot, Obst und Gemüse sowie traditionelle Bezeichnungen wie »Hustenbonbons«. Ferner sollen neben den Mengen bestimmter Nährstoffe und anderer Substanzen künftig auch Rolle, Bedeutung und Beitrag des Produkts für die allgemeine Ernährung oder für bestimmte Risikogruppen berücksichtig werden.
Gerade die geplanten »Nährwertprofile« für Lebensmittel, wie sie bei Fruchtquark oder Tomatensaucen zu finden sind, waren in der jahrelangen Auseinandersetzung zwischen Verbraucherschützern und Industrie heftig umstritten – und das bleibt auch nach der Abstimmung im Europaparlament so. Die konservative EVP-Fraktion bezeichnete das Papier als einen Kompromiss, »der niemandem wirklich nutzt – weder Verbrauchern noch Unternehmen«. Insbesondere deutsche Abgeordnete übten Kritik. So sprach die SPD-Abgeordnete Dagmar Roth-Behrendt von einem »faulen Kompromiss«, der nicht zu mehr Klarheit bei den Verbrauchern führen werde. Roth-Behrendt geht sogar noch einen Schritt weiter und glaubt an ein juristisches Nachspiel. Die EU-Kommission überschreitet ihrer Ansicht nach mit dem Gesetz ihre Kompetenzen, wenn sie versuche, über einheitliche Vorschriften für die Lebensmittelwerbung Gesundheitspolitik zu zelebrieren.
Lob kam dagegen von der grünen Europaabgeordneten Hiltrud Breyer, die erklärte: »Es war längst überfällig, dass Hersteller nicht länger mit ungeprüften Heilsaussagen prahlen dürfen.« Und auch Verbraucherschützer in der EU begrüßten die neuen Marketingregeln, da sie mehr Transparenz bringen. Endlich werde eine »Trennlinie zwischen wissenschaftlich belegbaren Aussagen und PR-Botschaften« gezogen, erklärte gestern die Präsidentin des Verbraucherzentrale Bundesverbandes, Edda Müller.
Neue Regeln
Mit Inkrafttreten der EU-Verordnung gelten künftig europaweit Regeln für Lebensmittel-Werbung. Aussagen über gesundheitliche Effekte dürfen nur verwendet werden, wenn sie wissenschaftlich belegt sind. Über die Zulässigkeit der Aussagen entscheidet die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde. Entspricht die Gesundheitsaussage dem anerkannten Stand der Wissenschaft, ist keine spezielle Zulassung erforderlich. Die Behörde erarbeitet eine Positivliste mit gesicherten, frei verwendbaren Aussagen.
Für nährwertbezogene Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt gelten künftig Einschränkungen. Das Hervorheben einzelner Nährwerte wie Vitamine oder Mineralstoffe ist nur noch dann erlaubt, wenn in gleicher Aufmachung auf den erhöhten Gehalt an Zucker, Fett oder Salz hingewiesen wird. Als hoher Gehalt gelten je 100 Gramm: 10 Gramm Zucker, 20 Gramm Fett und/oder 5 Gramm ungesättigte Fettsäuren, 1,25 Gramm Salz.
»Wir wollen verhindern, dass auf einem Müsli, das fast nur aus Zucker besteht, geschrieben steht, dass es gesunde Knochen macht. Solche Aussagen muss der Hersteller in Zukunft beweisen«, erklärte Sprecherin Beate Gminder die Intentionen der EU-Verbraucherkommission, strengere Regeln für Lebensmittelwerbung zu schaffen. Produzenten und Werbetreibende vor allem aus Deutschland hatten lange gegen die neue Verordnung gewettert. Zweifelsohne werden sie einige Probleme bekommen: Werbe-Versprechen sind künftig unzulässig, wenn sie nicht wissenschaftlich nachgewiesen sind. Wer wird schon schlüssig belegen können, dass ein Verbraucher tatsächlich rote Bäckchen beim Genuss eines Fruchtsafts bekommt oder beim Schlürfen von Cola zu lachen beginnt? Welcher Margarine-Hersteller wird nachweisen können, dass der Verbraucher nach dem Genuss des Produktes tatsächlich den erhofften wohlproportionierten und durchtrainierten Körper erhält, wie das der Aufdruck auf dem Deckel erahnen lässt?
Kurzum: Mit der künftigen Verordnung »zu nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben über Lebensmittel« sollen irreführende Werbeslogans unterbunden werden, was letztlich für mehr Klarheit und Wahrheit bei den Verbrauchern führen soll. So darf die Aussage »gut für die Knochen« auf dem Kinderriegel zwar noch aufgedruckt werden, wenn sie zugelassene Nährwertgrenzen überschreiten. Aber gleichzeitig muss eine gleichberechtigte Warnung vor dem Nährstoff (»enthält viel Zucker») auf dem Etikett zu lesen sein.
Die so genannten Nährwertprofile sollen bestimmte Obergrenzen für Zucker, Salz und Fett enthalten, die von der Europäischen Lebensmittelbehörde (EFSA) in Parma festgelegt werden. Der nach zähem Ringen zwischen Parlament und Ministerrat ausgehandelte Kompromiss besagt, dass Slogans wie »macht fit« oder »stärkt die Abwehrkräfte« nur noch Verwendung finden dürfen, wenn mindestens zwei Grenzwerte eingehalten werden.
Ausgenommen sind unverpackte Lebensmittel wie Brot, Obst und Gemüse sowie traditionelle Bezeichnungen wie »Hustenbonbons«. Ferner sollen neben den Mengen bestimmter Nährstoffe und anderer Substanzen künftig auch Rolle, Bedeutung und Beitrag des Produkts für die allgemeine Ernährung oder für bestimmte Risikogruppen berücksichtig werden.
Gerade die geplanten »Nährwertprofile« für Lebensmittel, wie sie bei Fruchtquark oder Tomatensaucen zu finden sind, waren in der jahrelangen Auseinandersetzung zwischen Verbraucherschützern und Industrie heftig umstritten – und das bleibt auch nach der Abstimmung im Europaparlament so. Die konservative EVP-Fraktion bezeichnete das Papier als einen Kompromiss, »der niemandem wirklich nutzt – weder Verbrauchern noch Unternehmen«. Insbesondere deutsche Abgeordnete übten Kritik. So sprach die SPD-Abgeordnete Dagmar Roth-Behrendt von einem »faulen Kompromiss«, der nicht zu mehr Klarheit bei den Verbrauchern führen werde. Roth-Behrendt geht sogar noch einen Schritt weiter und glaubt an ein juristisches Nachspiel. Die EU-Kommission überschreitet ihrer Ansicht nach mit dem Gesetz ihre Kompetenzen, wenn sie versuche, über einheitliche Vorschriften für die Lebensmittelwerbung Gesundheitspolitik zu zelebrieren.
Lob kam dagegen von der grünen Europaabgeordneten Hiltrud Breyer, die erklärte: »Es war längst überfällig, dass Hersteller nicht länger mit ungeprüften Heilsaussagen prahlen dürfen.« Und auch Verbraucherschützer in der EU begrüßten die neuen Marketingregeln, da sie mehr Transparenz bringen. Endlich werde eine »Trennlinie zwischen wissenschaftlich belegbaren Aussagen und PR-Botschaften« gezogen, erklärte gestern die Präsidentin des Verbraucherzentrale Bundesverbandes, Edda Müller.
Neue Regeln
Mit Inkrafttreten der EU-Verordnung gelten künftig europaweit Regeln für Lebensmittel-Werbung. Aussagen über gesundheitliche Effekte dürfen nur verwendet werden, wenn sie wissenschaftlich belegt sind. Über die Zulässigkeit der Aussagen entscheidet die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde. Entspricht die Gesundheitsaussage dem anerkannten Stand der Wissenschaft, ist keine spezielle Zulassung erforderlich. Die Behörde erarbeitet eine Positivliste mit gesicherten, frei verwendbaren Aussagen.
Für nährwertbezogene Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt gelten künftig Einschränkungen. Das Hervorheben einzelner Nährwerte wie Vitamine oder Mineralstoffe ist nur noch dann erlaubt, wenn in gleicher Aufmachung auf den erhöhten Gehalt an Zucker, Fett oder Salz hingewiesen wird. Als hoher Gehalt gelten je 100 Gramm: 10 Gramm Zucker, 20 Gramm Fett und/oder 5 Gramm ungesättigte Fettsäuren, 1,25 Gramm Salz.
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