Donnerstag, 8. März 2007

Breites Themenspektrum auf EU-Gipfel

Zum Brüsseler Frühjahrsgipfel ist der Konflikt unter den 27 Mitgliedsstaaten vorprogrammiert. Beim Treffen der Außenminister in der vergangenen Woche hatten diese sich nicht auf ein verpflichtendes Ziel zum Ausbau alternativer Energieträger auf 20 Prozent bis 2020 verständigen können. Derzeit liegt der Anteil in der EU bei 6,5 Prozent.

Nach dem derzeit innenpolitischen Querelen droht der Kanzlerin Angela Merkel, die zugleich derzeitige EU-Ratspräsidentin ist, nun auch außenpolitischer Ärger. Vor allem der Ausbau der erneuerbaren Energien ist unter den EU-Mitgliedsstaaten umstritten und die Chance, sich doch noch auf verbindliche Ziele einigen zu können, schrumpft. Deutschland, Dänemark und Großbritannien setzen sich für klare Zielsetzungen ein; Frankreich, Finnland und eine Reihe neuer EU-Mitglieder lehnen bislang derlei Maßgaben aus unterschiedlichen Gründen ab. Die Franzosen und Finnen setzen weiter auf die Karte Kernenergie, weil sie der geforderten Senkung von Emissionen am besten Rechnung trage; die Osteuropäer befürchten derweil, dass solche Vorgaben ihre wirtschaftliche Entwicklung hemmen könnten.

EU-Kommissionspräsident Josè Manuel Barroso machte indes deutlich, dass der Handlungsspielraum für Kommission und Rat bezüglich der Zukunft der nuklearen Energiegewinnung eher bescheiden sei. „Die Entscheidung über den Einsatz von Kernenergie liegt bei den Mitgliedsstaaten“, sagte er am Dienstag. Dennoch brauche Europa auch für nachhaltige und erneuerbare Energie einen „klaren stabilen Rahmen für die nächsten 20 Jahre“, der zudem für rund 300.000 neue Arbeitsplätze sorgen könnte. Sollte es zum Gipfel doch noch zu einer Einigung kommen, versprach er, „dann werden wir bis spätestens Ende des Jahres mit konkreten Vorschlägen aufwarten“.

Die deutsche Ratspräsidentschaft bezeichnete es im Vorfeld des Gipfels als entscheidend, dass bei dem EU-Gipfel erstmals eine „langfristige Weichenstellung“ mit einem „integrierten Programm“ für den Klimaschutz verabschiedet wird. Mit ihr will die deutsche Kanzlerin im Juni auch die Teilenehmer des Treffens der G8 in Heiligendamm von weitergehenden Umweltzielen, wie der Senkung der weltweiten Emissionen um 30 Prozent, überzeugen. Kommt es zu keiner Einigung, dann will man sich innerhalb der EU auf eine Senkung um 20 Prozent festlegen.

In Brüssel wird zudem die Debatte um einen neuen europäischen Verfassungsentwurf aufgerufen, der bis Ende 2008 auf den Tisch liegen und ein Jahr später durch alle Mitgliedsstaaten ratifiziert werden soll. Doch auch dieses Thema sorgt vor allem in jenen Ländern für Unbehagen, die traditionell auf einen Volkentscheid setzen. In Schweden soll Ratspräsidentin Merkel bereits den Versuch unternommen haben, die Regierung davon zu überzeugen, dieses politische Instrumentarium nicht anzuwenden.

Barroso verknüpft die Diskussion zur künftigen EU-Verfassung mit der Forderung nach einer Regelung der institutionellen Fragen, so dem Abbau der Bürokratie innerhalb Europas. „Die meiste Bürokratie kommt aus den Verwaltungen der Mitgliedsstaaten und nicht aus der Europäischen Kommission“, meinte er kämpferisch. Wenn der Verfassungsvertrag bis 2009 unter Dach und Fach sein soll, dann müsse man sich „kräftig ins Zeug legen“.

Darüber hinaus werden sich die Staatschefs in Brüssel mit der Zwischenstand der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung befassen. Aus einer Studie der Bertelsmann-Stiftung geht hervor, dass die EU reale Chancen habe, die Ziele zu erreichen, allerdings hätten die meisten EU-Staaten noch einen weiten Weg vor sich, um auch langfristig haushaltspolitische Stabilität und dynamisches Wirtschaftswachstum zu erreichen. Trotz der aktuell verbesserten Haushaltslage erfüllt auch Deutschland „noch immer nicht die Kriterien einer nachhaltigen Fiskalpolitik“, belegt die Studie.

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