Freitag, 12. Oktober 2007

»Peitschenhieb« für die Wirtschaft

Ausländische Investoren fragen sich nicht, ob sie in Frankreich oder in Schweden investieren sollen, sondern sie wählen zwischen den Gegenden um Stockholm oder Turin. Denn heute spiele sich der Wettbewerb nicht mehr zwischen Ländern, sondern zwischen Gebieten ab, hieß es während der Europäischen Woche der Regionen und Städte in Brüssel. Diese allein brächten Wachstum und Jobs.

Es war bereits die fünfte Woche der Regionen, die durch den Ausschuss der Regionen organisiert und durchgeführt wurde. Während eines Offenen Tages in Brüssel und zahlreicher Seminare äußerten sich regionale Entscheidungsträger, EU-Politiker, Geschäftsleute, Interessenvertreter und Banker. Es ging um Ideen und Erkenntnisse zur regionalen Entwicklung und um die neuen EU-Programme, die von 2007 bis 2013 laufen. Über 212 Regionen und Städte aus 33 Ländern wurden in die Analysen einbezogen.

Die Probleme, über die in Brüssel diskutiert wurde, sind auch in Deutschland nicht neu. Vor allem die Frage, wie derzeit noch immer »unterentwickelte« Städte und Regionen an den wirtschaftlichen Fortschritt angekoppelt werden können, interessierte die Vertreter aus den betroffenen Regionen. Trotz guter Investitionsbedingungen und Wirtschaftswachstums würden Unternehmen nur sehr zögerlich dort tätig, hieß es. Auch anderswo hielten sich Banken mit Kreditzusagen zurück, obwohl Kofinanzierungen für Investitionsvorhaben bereits zugesagt wurden.

Der italienische Ministerpräsident Romano Prodi, der selbst mehrere Jahre als EU-Kommissionspräsident in Brüssel residierte, wollte aber keinesfalls die Wirtschaftsunternehmen aus ihrer Verantwortung entlassen. Er forderte sie auf, »endlich einen Sprung« zu machen. »Man muss unserer Wirtschaft einen Peitschenhieb verpassen«, sagte er wörtlich und fügte bedauernd hinzu, dass der derzeitig starke Euro die Ausfuhren tatsächlich stark behindere. Dennoch meinte er, dass auch Italien eine Zukunft als Industrieland besitze. Die Innovation müsse durch Clusterbildung forciert werden, so Prodi, und die Politik müsse durch eine »strenge und zusammenhängende Politik« sowie durch die Sanierung der öffentlichen Finanzen zu diesem Prozess beitragen. Auch die Entscheidungsfindung auf der regionalen Ebene müsse gestärkt werden, forderte Prodi.

Wie schwierig bisweilen die praktische Umsetzung ist, zeigte ein dieser Tage veröffentlichtes Interview mit José Manuel Barroso. Der EU-Kommissionspräsident hatte in dem Beitrag das Verständnis Deutschlands vom Subsidiaritätsprinzip kritisiert. Laut diesem soll eine staatliche Aufgabe soweit wie möglich »an der Basis« wahrgenommen werden. Barroso warf nun der Bundesregierung vor, dass diese mit der Betonung des im EU-Vertrag festgeschriebenen Prinzips in Wirklichkeit die europäischen Institutionen schwächen wolle. Die CSU-Europaabgeordnete Gabriele Stauner belehrte den Kommissionschef daraufhin, dass das Subsidiaritätsprinzip sozusagen das Korrektiv für den nicht vorhandenen Kompetenzkatalog in den EU-Verträgen darstelle.

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