Freitag, 25. Januar 2008

Deutsche Firmen mauern bei betrieblicher Vorsorge

Die unterschiedlichen Zusatzrentensysteme in Europa behindern nach wie vor die Mobilität von Arbeitnehmern. Das ist das Ergebnis von zwei unabhängigen Studien, die von der Europäischen Kommission in dieser Woche in Brüssel vorgestellt wurden.

Nach Ansicht des zuständigen Kommissars für Beschäftigung, Soziales und Chancengleichheit, Vladimír Spidla, stützen diese Ergebnisse die Forderung der Kommission nach einer europaweiten Initiative, die sie bereits vor drei Jahren angeregt hatte. Sollte der im vergangenen Jahr überarbeitete Vorschlag der Kommission für eine »Richtlinie zur Verbesserung der Portabilität von Zusatzrentenansprüchen« umgesetzt werden, brauchen sich Arbeitnehmer, die in eine anderes Unternehmen oder ein anderes Land wechseln, nach Ansicht von Spidla »keine Sorgen um die Zukunft« mehr zu machen. Der Vorschlag sei so konzipiert, dass EU-Bürger keine erheblichen Anspruchsverluste mehr hinnehmen müssten. Die Beschäftigten können ihre Ansprüche in andere Branchen und in andere EU-Mitgliedstaaten mitnehmen. Spidla erhofft sich auf diese Weise einen deutlichen Schub für die Kommissionsstrategie »Wachstum und Beschäftigung«.

Zu einem wesentlichen Ergebnis der Studie von Hewitt Associates zählt etwa die Tatsache, dass viele Rentensysteme keine festen Fristen für den Erwerb von Rentenansprüchen vorsehen. Damit können nicht langfristig Beschäftigte solche Ansprüche kaum erwerben. In Deutschland seien in 86 Prozent die von Firmen finanzierten Zusatzrenten erst nach zwei Jahren Betriebszugehörigkeit gesichert; der europäische Durchschnitt liege hier deutlich darunter. Außerdem geht aus der Untersuchung hervor, dass in einem Viertel der leistungsorientierten Systeme bei einem Arbeitsplatzwechsel keine Neubewertung der ruhenden Rentenansprüche der Arbeitnehmer angeboten wird. Auch in diesem Punkt haben deutsche Arbeitnehmer einen klaren Nachteil gegenüber ihren europäischen Kollegen: Wenn ein Arbeitnehmer in Deutschland seinen Job während seines Berufslebens wechselt, muss etwa bei der Hälfte der angebotenen Versicherungsverträge davon ausgegangen werden, dass der Wert der Ansprüche aus einer früheren Beschäftigung nicht mehr berücksichtigt wird.

Eine zweite Untersuchung der Katholischen Universität Leuwen befasste sich auf der Grundlage von Eurobarometer-Daten mit den Fragen, wie lange Beschäftigte an einem Arbeitsplatz bleiben, wann sie mit einem Arbeitsplatzwechsel rechnen und wie lange Berufslaufbahnen von Arbeitnehmern innerhalb der EU andauerten. Aus dem Papier geht hervor, dass durchschnittlich rund 40 Prozent der derzeit Beschäftigten innerhalb von fünf Jahren den Arbeitsplatz wechseln und demnach möglicherweise durch die langen »Unverfallbarkeitsfristen« von Zusatzrentensystemen benachteiligt werden. Zahlen über die erwartete künftige Mobilität von Arbeitnehmern ergeben ein ähnliches Bild. In beiden Fällen bestehen deutliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten.

Die betriebliche Altersvorsorge spielt nach Angaben von Spidla in Europa insgesamt eine große Rolle. Rund drei Billionen Euro sind gemäß der Studie in solchen Absicherungen gebunden. In Deutschland setzen etwa 19 Millionen Arbeitnehmer auf diese Form der Altersabsicherung. Die Höhe der Rente aus der betrieblichen Zusatzabsicherung soll im Durchschnitt bei 400 Euro monatlich liegen.

In den kommenden Monaten will die EU-Kommission mit der slowenischen Ratspräsidentschaft daran arbeiten, im Rat und mit dem Europäischen Parlament eine Einigung über eine effektive und ausgewogene Richtlinie zu finden, kündigte Spidla an. Damit sollten die Hindernisse für die Beschäftigungsmobilität abgebaut werden, ohne die Rentenversicherungsträger zu stark zu belasten.

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