Freitag, 7. Juli 2006

Der 26. EU-Mitgliedstaat - Kommission will Abgleich der Daten über Einwanderungspolitik

Als eines der unerledigten Themen unter österreichischem Ratsvorsitz gilt die Erstellung einer so genannten Liste sicherer Asyl-Herkunftsländer, an der sich ein heftiger Streit in der EU entfacht hatte. In dieser Woche befasste sich das Europäische Parlament nun gleich in zwei Berichten mit der Asyl- und Einwanderungspolitik.

Die Europäische Kommission will eine webgestützte »Basisdatenbank« anlegen lassen, auf der alle Informationen über die Maßnahmen der einzelnen EU-Mitgliedstaaten im Bereich Asyl und Einwanderung abgerufen werden könnten. Jedes EU-Land wurde aufgefordert, künftig allen anderen Staaten sowie der Kommission den Wortlaut »der geplanten nationalen asyl- und einwanderungspolitischen Maßnahmen« mitzuteilen. Der konservative französische Berichterstatter Patrick Gaubert (EVP-Fraktion) hatte den Vorstoß damit begründet, dass im Schengenraum ohne Binnengrenzen kein Mitgliedstaat eine Entscheidungen in diesem Bereich treffen dürfe, ohne die Nachbarn darüber zu unterrichten. Das Informationssystem müsse »zu einem einheitlichen und abgestimmten Konzept für die Asyl- und Einwanderungspolitik der Mitgliedstaaten führen«.

Mit den Strategien für eine Integration von Zuwanderern befasste sich ein zweiter Bericht, in dem die schätzungsweise über 40 Millionen Neubürger als der »26. Mitgliedstaat der EU« bezeichnet werden. Das Papier verweist auf die derzeitigen Probleme: Die Erwerbsquote der Zuwanderer in Europa liege »deutlich unter dem Durchschnitt«, ihre »geringen schulischen Erfolge geben Anlass zur Sorge« und bei ihren Kontakten zu öffentlichen und privaten Einrichtungen würden sie diskriminiert. Zudem seien sie politisch auf allen Ebenen des Regierens, »einschließlich in den Parteien in den Mitgliedstaaten und in den europäischen Institutionen«, deutlich unterrepräsentiert.

Integration sei »ein Prozess in zwei Richtungen«, heißt es in dem Bericht, der sowohl die Bereitschaft der Betroffenen zur Integration, als auch jene der EU-Bürger, die Einwanderer zu akzeptieren und zu integrieren, voraussetze. Als mögliche Schritte in diese Richtung nennt das Papier die Verbesserung der Beschäftigungschancen von Zuwanderern sowie der Ausbildungs- und Spracherwerbsmöglichkeiten, eine effizientere politische und staatsbürgerliche Bildung, die Beteiligung und Vertretung in allen »geeigneten Bereichen des Regierens« und die Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, die Beteiligung von Zuwanderern am gesellschaftlichen und politischen Leben zu fördern und damit einer Isolation der Immigranten entgegenzuwirken.

Die Europaabgeordnete der Linkspartei.PDS Gabriele Zimmer begrüßte das vorliegende Papier, in dem »Ursachen und Stellenwert der Migration im 21. Jahrhundert viel tiefer analysiert« worden seien als in einer Reihe anderer Dokumente. Die Forderung nach einer gesteuerten Migration dürfe jedoch nicht bedeuten, »dass die EU künftig etwa Lampedusa in ein neues Ellis Island umfunktioniert oder noch schlimmer: kombinierte Flüchtlings- und Rekrutierungscamps in der Libyschen Wüste« und damit noch außerhalb des Geltungsbereichs von EU-Rechtsnormen errichtet, sagte Zimmer. Sie vermisse auch Lösungsvorschläge für die Situation jener Migranten, »die heute ohne legalen rechtlichen Status in der EU und anderen Aufenthaltsländern leben«. Kernpunkt bleibe jedoch »die wachsende wirtschaftliche und soziale Disparität zwischen der EU und den verarmenden Regionen Afrikas und anderer Kontinente«. Mit seinem Wettbewerb um die Führung in der Weltwirtschaft trage Europa zu dieser Verarmung bei.

Unterdessen haben acht Kinder und Jugendliche illegaler Einwanderer, denen die Abschiebung aus Frankreich droht, am Donnerstag Rückendeckung von französischen Europaabgeordneten bekommen. Im Rahmen einer »Patenschafts-aktion« vor dem Parlamentssitz in Straßburg versprachen die Politiker den Kindern, sie würden den Sommer über mit ihnen in Kontakt bleiben. Mit dieser Aktion wollen die Abgeordneten – Vertreter der Grünen und der Sozialisten – erreichen, dass ihre Schützlinge weiter in Frankreich zur Schule gehen können. Tausenden Kindern in Frankreich, deren Eltern keine Aufenthaltserlaubnis haben, droht seit Beginn der Sommerferien die Abschiebung.

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