Dienstag, 20. März 2007

Neue Runde im Sparkassenstreit

Der monatelange Streit zwischen der EU-Kommission und der Bundesregierung über die Namensrechte für deutsche Sparkassen schwelt weiter.

Als löchrig, wässrig und jederzeit angreifbar hatten Experten den im November 2006 erzielten Kompromiss zwischen der Bundesregierung und der EU-Kommission kritisiert. Der sah vor, dass zwar der umstrittene Paragraf 40 des Kreditwesengesetzes (KWG), in dem geregelt ist, dass nur öffentlich-rechtliche Institute den Namen »Sparkasse« tragen dürfen, nicht angetastet wird. Doch sollte das Beihilfeverfahren wegen der zum Verkauf stehenden früheren Bankgesellschaft Berlin – heute Landesbank Berlin Holding AG – als »Sonderfall« behandelt werden. Jetzt bestätigt sich der Verdacht, dass die Sache noch längst nicht ausgestanden ist.

Ausgelöst wurde die Auseinandersetzung seinerzeit durch den für dieses Jahr geplanten Verkauf der früheren Bankgesellschaft Berlin, zu der auch die Berliner Sparkasse gehört. Die EU-Kommission hatte Milliardenhilfen für das einst angeschlagene Finanzinstitut unter der Auflage eines diskriminierungsfreien Verkaufs genehmigt. Ein möglicher privater Käufer solle auch den Namen »Sparkasse« nutzen dürfen. Diese Regelung favorisierte die Kommission zunächst für alle möglichen Fälle, weil nur so die Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit innerhalb des Europäischen Binnenmarktes gewährleistet werden könne.

Es wird deutlich, dass Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes weiter nach Anlässen sucht, um den löchrigen Kompromiss kippen zu können. Sie drohte Deutschland mit einem »dringenden Verfahren« vor dem Europäischen Gerichtshof. Grund: Das Land Berlin fordere in seiner Ausschreibung zum Verkauf der Landesbank vom Käufer eine zehnjährige Beschäftigungsgarantie für die LBB-Mitarbeiter. Kroes soll laut Medienberichten in einem Brief an Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) derlei Vorgaben heftig kritisiert haben, weil sie ein »offenes und nichtdiskriminierendes Veräußerungsverfahren unterlaufen«.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte angekündigt, dass die sozialen Aspekte der Europäischen Union in der Berliner Erklärung, die am 23. März verabschiedet werden soll, eine besondere Rolle spielen werden. »Die Auffassung der EU-Kommissarin Kroes, beschäftigungspolitische Vorgaben beim Verkauf der Berliner Sparkasse als eine Diskriminierung von Investoren zu betrachten, ist in meinen Augen an Zynismus kaum zu überbieten«, erklärte die Europaabgeordnete der Linkspartei, Gabriele Zimmer, gegenüber ND. Bestehe die Kommission darauf, den Verkauf allein nach dem Kriterium des höchstmöglichen direkten Ertrages abzuwickeln, so stelle sie sich damit in offenen Widerspruch zur Ankündigung Merkels.

Die neue Runde im Streit wird ausgerechnet in der Woche der Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der Römischen Verträge eingeleitet und damit auch eine weitere Debatte um die grundsätzliche Frage eröffnen, wann und unter welchen Umständen gesamteuropäische Regelungen in nationalstaatliche Gesetzgebungen eingreifen dürfen. »Das deutsche Sparkassensystem kann nicht unter dem Vorwand europarechtlicher Bestimmungen ausgehebelt werden«, so der SPD-Europaabgeordnete Udo Bullmann. Der Artikel 295 des EG-Vertrages erkläre die Eigentumsordnung klar zu einer Angelegenheit der Mitgliedstaaten: »Dies gilt unabhängig vom Interesse anderer Wettbewerber, die gerne als Investoren bei den Sparkassen einsteigen würden.«

Gestern teilte ein Sprecher der EU-Kommission mit, die Bundesregierung habe die Bedenken doch noch ausräumen können. In einem Schreiben habe sie zugesichert, dass Arbeitsplatzgarantien kein entscheidendes Kriterium beim Verkauf der LBB seien. Dies gehe auch aus der schriftlichen Unterrichtung der 14 Kaufinteressenten durch die Schweizer Großbank UBS hervor, die das Land Berlin berate. Dies aber widerspricht einem Beschluss des Berliner Abgeordnetenhauses. Für Zündstoff wird also weiter gesorgt sein.

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