Freitag, 28. März 2008

Buitenens jüngster Streich

Der Haushaltskontrollausschuss des Europäischen Parlaments hat derzeit alle Hände voll zu tun. Allein in dieser Woche befassten sich die Ausschussmitglieder hinter verschlossenen Türen mit über 30 Berichten zur finanziellen Entlastung von EU-Behörden. Offiziell erschien der neuerliche Finanzskandal im Parlament um abgezweigte Sekretariatsgehälter zwar nicht auf der Tagesordnung, doch war das Thema allgegenwärtig. Auch die Betrugsbehörde Olaf berichtet lieber von einem erfolgreichen Schlag gegen die Zigarettenmafia, dagegen gibt es zum parlamentarischen Fall keine Erklärung aus dem Amt des Deutschen Franz-Hermann Brüner.

Es geht um viel Geld. Und es geht darum, dass sich einige Volksvertreter im Europäischen Parlament einiges einfallen lassen, um mit möglichst geringem Aufwand einen großen finanziellen Nutzen zu erschleichen. Jedem Abgeordneten stehen immerhin 17 000 Euro monatlich als sogenannte Sekretariatszulage zur Verfügung, mit der quasi die parlamentarische Umgebung finanziert und in Bewegung gehalten werden soll. Hinzu kommt eine Bürokostenpauschale in Höhe von 4000 Euro monatlich, über die kein Nachweis erbracht werden muss. Gedacht ist die Sekretariatszulage eigentlich für bis zu vier Mitarbeiter. Doch die parlamentarische Praxis sieht anders aus. Die Masse der Volksvertreter hat weniger Mitarbeiter beschäftigt, obwohl sie die Zulage durchaus ausreizen.

Das liegt nicht etwa daran, dass Abgeordnete ihre Assistenten und Praktikanten fürstlich entlohnen und ihnen auf diese Weise ein gutes Leben im beschaulichen Brüssel ermöglichen. Schon seit Jahren schwelt das Vorhaben, ein einheitliches Statut für die Mitarbeiter zu entwickeln und durchzusetzen, denn der Großteil der Bediensteten wird vergleichsweise kümmerlich entlohnt und muss sich von Monat zu Monat hangeln. Doch Konkretes ist dabei noch immer nicht herausgekommen. Dass die zumeist jungen Mitarbeiter nicht aufbegehren und sich dem Diktat ihrer Chefs beugen, mag vor allem daran liegen, dass die meisten Assistenten ihren Job in Brüssel als Sprungbrett in eine »große politische Zukunft« ansehen. Als der eigentlich geheime Bericht über die Sekretariatszulagen plötzlich im Internet erschien, war das Gejammer groß, obwohl jeder Parlamentarier genau wusste, welche abstrusen Finanzgeflechte sich einige Kollegen ausgedacht haben, um möglichst viele Euro in die eigene Tasche wirtschaften zu können.

Warum die Gier einer Reihe von Parlamentariern so groß ist, lässt sich leicht erklären: Die Abgesandten aus den EU-Staaten erhalten im Brüsseler Parlament exakt jene Diätensumme, die sie in ihrem Heimatparlament erhalten würden. Das wird sich zwar mit Beginn des Jahres 2009 ändern, weil künftig alle EU-Abgeordneten einheitlich 7000 Euro monatlich erhalten werden. Bisher aber wird beispielsweise ein bulgarischer Abgeordneter mit gerade einmal 1000 Euro abgefunden, die für das Leben in der EU-Metropole kaum reichen. Das fette Extra, mit dem er sich den Job versüßen kann, besteht in eben jener Sekretariatszulage. Da wird unter Umständen schon einmal eine größere Summe an einen Assistenten überwiesen, der nur auf dem Papier existiert. Oder Familienmitglieder erhalten Gehälter, obwohl sie im Heimatland allenfalls mit Geschirrspülen oder Wäschewaschen beschäftigt sind. In einem anderen Fall wusste sich ein Abgeordneter nicht anders zu helfen, als einem seiner Assistenten zum Jahresende das 16-fache Gehalt als Weihnachtsgeld zu überweisen, damit es nicht etwa verfällt. Vom Assistentenkonto wanderte die Summe anschließend geradewegs auf das des Parlamentariers.

Aber es gibt noch andere Schwachstellen, mit denen sich der Haushaltskontrollausschuss beschäftigen müsste. Den Abgeordneten werden beispielsweise die Fahrtkosten zwischen dem Heimatland und den Parlamentssitzen in Brüssel und Straßburg in Form einer Kilometerpauschale erstattet. Dabei kann der clevere Parlamentarier richtig sparen: Denn wenn er statt einer regulären Fluggesellschaft einen Billigflieger nutzt, kann er sich die Differenz in die eigene Manteltasche stecken.

Ähnlich läuft es bei den Hotelübernachtungen, die pauschal für die Präsenz in Straßburg bezahlt werden. Mietet sich der Abgeordnete beispielsweise im nahegelegenen deutschen Städtchen Kehl ein, wohnt er erheblich billiger. Und er braucht keine Sorge zu haben, dass ihn die Parlamentsverwaltung etwa später wieder um den gewonnenen Betrag erleichtert.

Dass der Bericht überhaupt an die Öffentlichkeit gelangen konnte, war vor allem einem Mann zu verdanken, dessen Name schon in der Vergangenheit eine Rolle spielte, als es um Betrug und Vetternwirtschaft ging: Paul von Buitenen. Der Niederländer deckte Ende der 90er Jahre als EU-Beamter das betrügerische Verhalten einiger Mitglieder der damaligen Europäischen Kommission unter Jacques Santer auf, die daraufhin zurücktreten musste. Seinerzeit versetzte man den Querulanten kur zerhand in eine »ungefährliche« Funktion.

Diesmal braucht der Niederländer allerdings keine Angst vor einer »Vertreibung« zu haben, denn er sitzt seit dem Jahre 2004 selbst als Abgeordneter im Europäischen Parlament. Und er ist Mitglied des Haushaltkontrollausschusses – wo er sich dem Beschluss seiner Kollegen, den unliebsamen Bericht in der Versenkung verschwinden zu lassen, widersetzte.

Schwieriges Alter


Fast die Hälfte der Europäer (46 Prozent) sind einer Eurobarometer-Umfrage zufolge der Auffassung, dass Diskriminierung aufgrund des Alters weit verbreitet ist. Besonders deutlich ist diese Sorge in Ungarn (66 Prozent) und in Tschechien (63), dagegen haben Irländer (30) und Luxemburger (31) ein anderes Bild von der Teilnahme älterer Menschen am gesellschaftlichen Leben.

Trotz der unterschiedlichen Wahrnehmung in den einzelnen Mitgliedstaaten werden Senioren noch immer EU-weit vor allem als »altes Eisen« gesehen. Dabei hat sich die Rolle der älteren Generation aus demografischen Gründen in den vergangenen Jahren deutlich gewandelt: Der Mensch wird nicht nur älter, sondern er bleibt auch länger leistungsfähig und könnte sich durchaus auch länger ins Arbeitsleben einbringen. Doch ein solches Vorhaben wird den Europäern alles andere als leicht gemacht.

Gerade diese Tatsache bereitet der EU-Kommission offenbar Kopfschmerzen. Denn eine Tendenz, wie sie in Deutschland zu beobachten ist, wird auch in anderen Mitgliedstaaten sichtbar: Einerseits strebt eine Reihe von EU-Mitgliedern an, das Rentenalter schrittweise heraufzusetzen, um die sozialen Systeme auf diese Weise zu entlasten, andererseits werden Ältere mit zunehmendem Alter aus dem beruflichen und gesellschaftlichen Leben ausgegrenzt. Der Blick nach Deutschland steht durchaus auch für andere EU-Mitglieder: Von den 55- bis 65-Jährigen hat hierzulande nur noch gut ein Drittel eine versicherungspflichtige Beschäftigung. In knapp 60 Prozent aller deutschen Unternehmen und Betriebe finden über 50 Jahre alte Menschen keine Arbeit mehr.

In dem kürzlich veröffentlichten Gemeinsamen Bericht über Sozialschutz und soziale Eingliederung 2008 verweist die Kommission zwar auf die in den vergangenen Jahren leicht gestiegene Beschäftigungsquote bei älteren Arbeitnehmern, bemängelt aber den noch immer hohen Satz von rund 20 Prozent der 55- bis 64-Jährigen, die Vorruhestandsleistungen in Anspruch nehmen. Das Papier beschreibt die unterschiedlichen Bemühungen um entsprechende Reformen. So überarbeiten einige Staaten »auch die Besteuerung und die Gestaltung der privaten Altersversorgung«, heißt es, deren zentrale Ziele darin bestünden, »die Anspruchsberechtigung einzuschränken und gleichzeitig angemessene Rahmenbedingungen für ein längeres Verbleiben älterer Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen«. Vorschläge aber, wie zusätzliche Arbeitsplätze für Ältere geschaffen werden könnten, sparen die Papiere der EU-Kommission weitgehend aus und verweisen auf die Mitgliedstaaten.

Freitag, 14. März 2008

Sky Marshalls mit Zertifikat

Das Europäische Parlament hat am Dienstag in Straßburg neue europaweite Sicherheitsregeln für den Luftverkehr beschlossen. Die gemeinsamen Vorschriften »für den Schutz der Zivilluftfahrt vor unrechtmäßigen Eingriffen« betreffen u.a. die Durchsuchung von Fluggästen und Handgepäck, Zugangskontrollen, Luftfahrzeug-Sicherheitskontrollen sowie Kontrollen von Fracht und Post. Ferner werden verbindliche Regeln zum Einsatz der so genannten Sky Marshalls sowie zu deren Einstellung und zur Schulung von Personal aufgestellt.

Der Verordnung zufolge bleibt es auch in Zukunft jedem Mitgliedsstaat überlassen, ob sie Sky Marshalls an Bord einsetzen wollen. Allerdings verständigten sich die Abgeordneten auf Standards für die Ausbildung des bewaffneten Personals. Wenn Marshalls zum Einsatz kommen, dann muss es sich dabei um staatliche Bedienstete handeln, die »speziell ausgewählt und ausgebildet« worden sind. Nicht gestattet ist und bleibt für Passagiere das Mitführen von Waffen an Bord, es sei denn, die nach den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehenen Sicherheitsauflagen wurden erfüllt. Außerdem müssen die betreffenden Staaten hierfür eine Genehmigung erteilt haben.

Transitreisende innerhalb der EU brauchen sich künftig beim Umsteigen keinen zusätzlichen Sicherheitskontrollen zu unterziehen, wenn sie bei Flugantritt in einem Land kontrolliert wurden, das EU-konforme Sicherheitsstandards besitzt. Insgesamt steht es den Mitgliedstaaten allerdings frei, strengere Maßnahmen als in der neuen EU-Verordnung formuliert anzuwenden. Jedoch müssten diese relevant, objektiv, nicht diskriminierend und »dem jeweiligen Risiko angemessen« sein, heißt es in dem Bericht.

Unklar bleibt, wie die Kosten für die Sicherheitsmaßnahmen zwischen Staat, Flughafeneinrichtungen, Luftfahrtunternehmen und Passagieren aufgeteilt werden sollen. Die EU-Kommission will bis Jahresende einen Bericht über die Finanzierung der Sicherheitsmaßnahmen vorlegen. Bis dahin entscheiden die Mitgliedsstaaten selbst über die Aufteilung der Kosten.

Harsche Kritik übte unterdessen EU-Justizkommissar Franco Frattini an jenen Regierungen, die eigenständig Verhandlungen über visumfreies Reisen mit den USA führten oder die ankündigt haben, solche Gespräche aufnehmen zu wollen. Lettland und Estland hatten am Dienstag bekannt gegeben, sie wollten dem Beispiel Tschechiens folgen und mit Washington eine bilaterale Vereinbarung über die Sicherheitsbestimmungen auf Transatlantik-Flügen sowie die Weitergabe von Passagierdaten unterzeichnen.

Frattini hatte vor dem Europaparlament die Befürchtung geäußert, die USA könnten sich in den Verhandlungen mit einzelnen Regierungen einen Zugriff auf Daten von Reisenden sichern, der deutlich über das ausgehandelte Passagierdaten-Abkommen zwischen den USA und der EU hinausgeht.

Brüssel stellt Weichen für das Jahr 2009

Wachstum und Beschäftigung, Klimawandel und nachhaltige Entwicklung, Einwanderungspolitik sowie die Rolle Europas in der Welt sind die politischen Prioritäten der Europäischen Kommission im kommenden Jahr. Das geht aus der am Dienstag dem Europaparlament vorgelegten Jahresstrategie für 2009 hervor.

Kommissionspräsident José Manuel Barroso erklärte, dass die Kommission Folgemaßnahmen zum Binnenmarktbericht und zur Überarbeitung der Sozialagenda einleiten werde. Außerdem will sie die Grundlagen für die Arbeit in den Jahren nach 2009 schaffen. Der Kommissionspräsident erklärte 2009 zu einem Jahr von besonderer Bedeutung, weil voraussichtlich der Vertrag von Lissabon in Kraft treten und zu neuen Strukturen führen werde. Außerdem stehen im Juni Neuwahlen zum Europäischen Parlament an, und im November 2009 wird eine neue EU-Kommission ihre Tätigkeit aufnehmen. Einen hohen Stellenwert werden nach Angaben Barrosos die Haushaltsüberprüfung und die Finanzielle Vorausschau für die kommenden Jahre einnehmen. Bedeutung komme zudem der Entwicklung einer gemeinsamen Einwanderungspolitik zu.

Der Vorsitzende des Ausschusses für internationalen Handel im Europaparlament, Helmuth Markov (DIE LINKE), kritisierte in Straßburg das Fehlen eines konkreten Arbeitsprogramms. Es sei enttäuschend, »dass von der Kommission offenbar wenig ›Zukunftsarbeit‹ geplant« sei. Angesichts des eigenen Anspruches, die Kommunikationsfähigkeit verbessern und Europa vermitteln zu wollen, erinnerte Markov an die Möglichkeit einer Volksabstimmung über den neuen Vertrag. Dies wäre eine Möglichkeit, um die Bevölkerung in den politischen Prozess einzubeziehen.

Nach Ansicht von Markov funktioniere das Gesamtkonzept der Lissabon-Strategie, vor allem im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen, an vielen Stellen nicht. Was die Menschen ganz real erlebten, seien weniger soziale Sicherheit, stagnierende Löhne, Einschränkung von Arbeitnehmerrechten und steigende Preise für elementare Dienstleistungen.

Markov kritisierte ferner die Außenhandelsstrategie »Global Europe« als im Interesse der europäischen Konzerne, die sich weder »um regionale und nachhaltige wirtschaftliche, soziale und ökologische Entwicklung in Partnerländern schert« noch um kleine und mittelständische Unternehmen. »Da wundern Sie sich, dass Staaten wie China mit Dumping-Maßnahmen dagegenhalten?», fragte Markov im Parlament an Kommissionspräsident Barroso gewandt. »Sie wollen ja sogar die weit unzureichenden Anti-Dumping-Instrumente weiter aushebeln.«

Donnerstag, 13. März 2008

EU-Parlament kritisiert Agrar-Pläne

Das EU-Parlament hat sich am Mittwoch in Straßburg grundsätzlich für die Fortsetzung der Reform der EU-Agrarpolitik (GAP) ausgesprochen, meldet aber Korrekturbedarf bei der von der EU-Kommission geplanten Kürzung der Direktzahlungen für den Zeitraum bis 2013 an. Landwirte bräuchten Verlässlichkeit und Sicherheit, heißt es im Entschließungsantrag des EU-Agrarausschusses zur GAP-Reform, über den gestern das EU-Parlament abstimmte. Direktzahlungen seien auch künftig zur Einkommenssicherung, für die Erbringung öffentlicher Leistungen sowie als Ausgleich für die im internationalen Vergleich hohen Standards bei Umweltschutz, Nahrungsmittelsicherheit, Rückverfolgbarkeit und Tierschutz »unbedingt erforderlich«.

Den Vorschlag der Kommission, Direktzahlungen bei Großbetrieben um bis zu 45 Prozent zu kürzen, lehnten die Abgeordneten »in der jetzigen Form« ab. Er würde große landwirtschaftliche Betriebe oder Zusammenschlüsse ungerechtfertigt benachteiligen und »zur Zerschlagung gewachsener, wettbewerbsfähiger Strukturen führen«, heißt es im Bericht des CDU-Berichterstatters Lutz Goepel. Die Degression sei nur auf der Basis einer umfassenden Abschätzung der arbeitsmarkt- und regionalpolitischen Folgen vertretbar. Hierfür müssten die Zahl sozialversicherungspflichtiger Vollzeitarbeitskräfte, Betriebsstrukturen wie Mehrfamilienbetriebe sowie die Kosten der gesamten landwirtschaftlichen Beschäftigten »degressionsmindernd« berücksichtigt werden. Das Parlament plädiert dafür, den Abbau von Subventionen abzumildern und die Zahlungen behutsamer zu senken. Zudem solle die Kommission die Entkopplung der Direktzahlungen von der landwirtschaftlichen Erzeugung beschleunigen, »sofern dies nicht mit erheblichen sozioökonomischen oder ökologischen Nachteilen einhergeht«. Grundsätzlich aber führe die Reform dank höherer Einkommenswirkung und größerer Entscheidungsfreiheit »zu einer erfolgreichen Marktorientierung der europäischen Landwirtschaft«.

Für den Milchsektor forderten die Abgeordneten von der Kommission ein schlüssigen Konzept, da sich das Quotensystem nach 2015 »vermutlich nicht fortführen« lasse. Es müsse die Milchproduktion auch in Berggebieten, abgelegenen und anderen benachteiligten Regionen sichern. Die Milchquote solle der Weltmarktnachfrage anpasst werden. Die EU-Staaten sollten sie daher im Milchjahr 2008/2009 freiwillig um zwei Prozent anheben, heißt es in dem Bericht der Berichterstatterin Elisabeth Jeggle (CDU). Damit würden 2,85 Millionen Tonnen Milch zu der Gesamtmenge von 145,7 Millionen Tonnen hinzukommen. Diese Menge könne der Markt »ohne Weiteres absorbieren«.

Dienstag, 11. März 2008

EU-Preis für Online-Spiel

EU-Kommissarin Meglena Kuneva hat am Montag erstmals Preise für die besten nationalen Verbraucherschutzkampagne vergeben. Den Hauptpreis erhielt Finnland für ein Internetspiel, das junge Verbraucher auf unterhaltsame Weise über ihre Rechte und Pflichten als Online-Shopper aufklärt.

Das finnische webbasierte Spiel mit dem Namen »Galactor – The Code-Breakers« hat am Montag den erstmals von der EU-Kommission verliehenen Verbraucherpreis erhalten. Es den will junge Menschen vor Gefahren beim Online-Einkauf warnen und nutzt hierfür den versierten Umgang von Kindern und Jugendlichen mit der Internet-Technologie, um sie auf unterhaltsame und lehrreiche Weise an die komplizierte Rechtsfragen des Online-Shopping heranzuführen, urteilte die Jury. Offensichtlich deckt sich deren Urteil mit dem Anspruch von eurpäischen Verbraucherorganisationen: Auf das in Finnland über die Medien verbreitete Spiel wurden bereits Schweden, Dänemark und Island aufmerksam. Sie arbeiten inzwischen an einer nationalen Version. Estland und Frankreich kündigten ebenfallls ihr Interesse an der Übernahme des Projekts an.

Der Preis für die »originellste Idee« ging für das Ratespiel »Consumer Challenge Quiz« in das Vereinigte Königreich. Bei dieser Kampagne ging es darum, jungen Menschen mit Lernschwierigkeiten zu helfen, sich besser zu informieren und als selbstbewusste Verbraucher aufzutreten.

Irland wurde für die »beste Kampagne im Finanzbereich« ausgezeichnet. Grundlage der Aktion bildet eine Website, die Verbrauchern helfen soll, sachkundige Entscheidungen bezüglich ihrer persönlichen Finanzen zu treffen. Den Hauptpreis in der Kategorie »Kinder als Verbraucher« erhielt Ungarn für die Veranstaltung eines landesweiten Malwettbewerbs für Grundschüler zu drei verbraucherrelevanten Themen. Ferner vergab die Jury Ehrenpreise an Norwegen für die Kampagne »iTunes« und an Estland für eine Aktion zu verantwortungsvollen Kreditentscheidungen (»Make Responsible Credit Decisions«), die von einem unabhängigen Finanzinstitut durchgeführt wurde.

In Vorbereitung des Verbrauchertags am 15.März waren die 27 EU-Mitgliedstaaten sowie Norwegen und Island Mitte vergangenen Jahres aufgefordert worden, nationale Wettbewerbe für die beste Verbraucherschutzkampagne des Jahres zu veranstalten und der Kommission die Gewinner im Hinblick auf das große europäische Finale mitzuteilen.

In Deutschland gewann den nationalen Ausscheid der Verbraucherzentrale Bundesverband mit der multimedialen Kampagne zum Anbieterwechsel »Strom. Jetzt wechseln. Jetzt sparen.« Mit der Aktion will der Dachverband Stromkunden ermutigen, zu preiswerteren oder Öko-Stromanbietern zu wechseln, damit mehr Wettbewerb entstehen kann. Zwar haben bislang mehr als eine Million Menschen in Deutschland die Möglichkeit bereits genutzt, doch kommen viele Kunden mit den zumeist unübersichtlichen Angeboten nicht zurecht. Der Tarifdschungel der mehr als 860 Anbieter ist schon für Energieprofis nicht leicht zu durchschauen.

Dass der deutsche Beitrag in Brüssel leer ausging, könnte an der letztlich ungenügenden Hilfestellung des Verbandes für Betroffene gelegen haben. So empfiehlt die Verbraucherzentrale beispielsweise die Nutzung der Internet-Tarifrechner, um die für das Postleitzahlgebiet möglichen Anbieter und deren Tarife herauszufinden. Die Tücke ist jedoch: Die Online-Seiten von verivox.de, wechseln.de und anderen Rechnern stammen ausschließlich von kommerziellen Unternehmen. Diese sichern sich eben auch mit der erfolgreichen Vermittlung von Verträgen ein saftiges »Kopfgeld«. So taugen die vom Bundesverband empfohlenen Rechner allenfalls als grobe Orientierung, eine detaillierte und individuelle Recherche können sie nicht ersetzen. Zudem stellt das Unterfangen für Wechselwillige, die keinen Internetanschluss haben, ein größeres Problem dar. Demjenigen bleibt die Wahl, ein Internetcafé zur Recherche aufzusuchen oder sich bei Verbraucherzentralen kostenpflichtig beraten zu lassen.

Freitag, 7. März 2008

Brüssel schnürt »Balkanpaket«

Die Europäische Union will einer Destabilisierung des Westbalkans nach der Unabhängigkeitserklärung Kosovos entgegenwirken. Zur Förderung von Kontakten beabsichtigt Brüssel, den Bürgern dieser Staaten den Zugang zur EU wesentlich zu erleichtern. In einem von Erweiterungskommissar Olli Rehn am Mittwoch vorgestellten Papier werden mit allen betroffenen Staaten Gespräche in Aussicht gestellt, »um schnellstmöglich einen Fahrplan zur Abschaffung der Visumpflicht festzulegen«. Zur Zeit benötigen alle Länder des Westbalkans – mit Ausnahme Kroatiens – ein Visum zur Einreise in die Union.

Rehn sagte in Brüssel, dass die Gespräche über die Visaerleichterungen bereits in der vergangenen Woche mit Serbien, Mazedonien und Montenegro begonnen haben, mit Bosnien und Albanien sollen sie in den nächsten Tagen folgen. Unter den »gegenwärtigen Umständen« sei es wichtig, Frieden und Stabilität in der gesamten Region zu wahren, heißt es in dem Strategiepapier. Dies könne dadurch erreicht werden, dass man die EU-Perspektive für die Menschen »so erkennbar und so fühlbar wie möglich macht«. Die Europäische Union bekräftigte ihr Angebot, den rund 25 Millionen Bewohnern des Westbalkans einen Beitritt zur Union zu ermöglichen. Auch Kosovo könne Mitglied der EU werden, bekräftigte Rehn. Grundlage für die Beitritte wären jedoch umfangreiche Reformen in den Ländern. Die EU will ihrerseits die Beitritts-Vorbereitungen beschleunigen.

Doch gerade die Integration Kosovos bereitet der Europäischen Kommission offenbar arge Kopfschmerzen. Die Tatsache, dass mit Spanien und Zypern zwei EU-Mitglieder das neue Staatsgebilde nicht anerkennen wollen, lässt keinerlei vertragliche Vereinbarungen mit Kosovo zu. Parallel entwickelt sich das Verhältnis Serbiens zur Union ausgesprochen kritisch. Das Parlament in Belgrad kündigte nun auf Initiative der oppositionellen Radikalen Partei einen Stopp der Zusammenarbeit mit der EU an. Selbst Ministerpräsident Vojislav Kostunica forderte alle Parteien auf, für die Beschlussvorlage zu stimmen. In dem Papier wird die Rücknahme der Anerkennung Kosovos und der Abzug von Aufbauhelfern gefordert. Sollte die Resolution angenommen werden, dann droht zudem ein Bruch der Koalitionsregierung.

EU-Verkehrskommissar Jacques Barrot kündigte indes an, dass die EU ihre transeuropäischen Netze (TEN) weiter über den Balkan bis nach Skopje, Sofia und Saloniki spannen werde. Neue rechtliche Rahmenbedingungen, die den EU-Standards entsprechen, sollen die Wirtschaft zum Ausbau der Straßen, der Schienen und der Schifffahrt auf dem Balkan motivieren. Zudem will die Kommission mit ihrem Erasmus-Programm künftig deutlich mehr Studenten aus den Ländern mit Förderstipendien ausstatten. Demnach sollen bereits 500 Stipendien im Studienjahr 2008/2009 vergeben werden. Ein Jahr später soll sich diese Zahl mehr als verdoppeln. Für die Jahre 2007 bis 2011 kündigte Rehn mehr als vier Milliarden Euro an, die als Fördergelder in die Westbalkan-Staaten fließen sollen.

Die Versprechen der Brüsseler Kommission gegenüber den Westbalkanstaaten zur perspektivischen Aufnahme in die Union sorgen derweil in den Mitgliedsländern für Unruhe. Ein Mitarbeiter des Erweiterungskommissariats bestätigte gegenüber ND, dass die Bereitschaft zur Aufnahme weiterer Kandidaten derzeit eher »sehr ungünstig« sei, was vor allem an den Erfahrungen mit Bulgarien und Rumänien liege. Die Rolle der neuen Mitglieder werde von den »meisten EU-Ländern« eher kritisch gesehen. Deren Integrationswille habe sich als »sehr mangelhaft« erwiesen.