Freitag, 30. März 2007

EU mogelt sich um Verantwortung


Auch der Hohe Vertreter der EU für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, Javier Solana, vermied in der Debatte des Europaparlaments am Donnerstag eine Stellungnahme und verwies stattdessen in Brüssel auf die »bilaterale Souveränität« der Mitgliedstaaten. Zudem sei die EU kein Verteidigungsbündnis, meinte er.

Solana sorgte mit seinen eher mageren Auskünften in dieser Frage auf heftigen Widerspruch über die Parteigrenzen hinweg. Nach Ansicht des linken Abgeordneten Jirí Mastálka (GUE/NGL) müsse Europa in der Lage sein, »auch schwierige Dinge zu sagen«. »Sie können sich doch nicht einfach die Hände reinwaschen, indem sie äußern, dass ist eine bilaterale Frage zwischen Tschechien, Polen und den USA«, antwortete der Tscheche, denn das Problem werde »bald paneuropäisch auf der Tagesordnung stehen«. Mastálka verwies zudem auf die Tatsache, dass sich rund 60 Prozent seiner Landsleute in einer Umfrage gegen die Stationierung des USA-Systems auf ihrem Territorium ausgesprochen haben. Deshalb favorisiere die linke Opposition in seinem Land eine Volksbefragung, gegen die sich die rechte Regierungskoalition energisch zur Wehr setze.

Der Chef der sozialdemokratischen PSE-Fraktion im Europaparlament, Martin Schulz, erinnerte an die »Fülle weltweiter Probleme« wie Armut, Hunger, Seuchen, Krankheiten und Unterentwicklung. Man erlaube sich, »für alles Mögliche Milliarden auszugeben, nur nicht für die Beseitigung der Ursachen für diese Probleme«. Das Gesprächsangebot von Bush an Putin müsse genutzt werden, darüber zu sprechen, ob man überhaupt stationieren muss, anstatt darüber zu reden, wie man sie gemeinsam stationiert, forderte er. »Jedes Raketenabwehrsystem, egal wer es stationiert und ob das unter dem Schirm der NATO oder unter dem Dach der EU geschieht, löst nichts anders aus als eine neue Spirale des Wettrüstens.«


Daniel Cohn-Bendit von den Grünen zog das Argument der USA in Zweifel, dass das System der Verteidigung gegenüber Iran diene und bezeichnete es als »lächerlich«. »Wenn Iran uns attackieren will, dann macht er das über Selbstmordattentäter«, sagte Cohn-Bendit. Dafür gebe es aber keinen Verteidigungsgürtel. Es sei eine politische Frage und die US-Amerikaner wollten erneut »unilateral definieren, was Europa braucht«. Polen, Tschechen, Franzosen und Deutsche müssten »kapieren«, dass die EU die einzige Möglichkeit sei, unabhängig zu werden. Seine Fraktionskollegin Angelika Beer erinnerte in dem Zusammenhang daran, dass auch das EU-Mitglied Großbritannien sein Trident-Projekt weiter aufrüstet. Dies stehe jedoch im Widerspruch zum eigentlichen Ziel der EU, die auf eine weltweite nukleare Abrüstung hinwirken wolle, wie es zuvor Solana formuliert hatte.

Donnerstag, 29. März 2007

Licht ins Lobbyisten-Dunkel

Brüssel gilt als Mekka der Lobbyisten. Mehr als 15 000 Interessenvertreter politischer und wirtschaftlicher Gruppen sollen sich nach einer Schätzung der EU-Kommission hier tummeln. Neben den Pressestellen von Unternehmen und Verbänden gibt es auch zahlreiche Personen, die für Nichtregierungsorganisationen und Stiftungen aktiv sind. Bis zum Frühjahr 2008 will die EU-Behörde nun ein öffentliches Register einrichten, um so die Arbeit der Lobbyisten für die Öffentlichkeit transparenter zu gestalten. Mit einem Blick soll dann erkennbar sein, welche politische Ziele sie verfolgen, wer sie finanziert und welche Unternehmen sie mit ihrer Lobbyarbeit bedienen.

Zunächst schien es, als würde die Kommission mit gutem Beispiel vorangehen. Sie veröffentlichte eine Liste mit 55 Personen, die für EU-Institutionen Lobbyarbeit betreiben. Die Liste sei aber »erst nach massivem Druck öffentlich zugänglich gemacht« worden, äußerte die Initiative LobbyControl, die sich für Transparenz und Demokratie stark macht. Zusammen mit ihren europäischen Partnern im Netzwerk ALTER-EU stellte die Organisation die Freiwilligkeit des Ansatzes schon während des Konsultationsverfahrens in Frage und betonte, dass sich »gerade die schwarzen Schafe kaum von den gebotenen Anreizen aus dem Schatten locken lassen« werden. Für eine gesetzliche Verpflichtung gebe es aufgrund der unterschiedlichen nationalen Regelungen aber keinerlei Grundlage, so der zuständige EU-Kommissar Siim Kallas. Er schloss aus, dass sich dies auf absehbare Zeit ändern lasse.

Die Kommission selbst sah sich nach der Veröffentlichung ihrer Liste mit heftiger Kritik konfrontiert. Denn einige der Namen, die dort auftauchten, machen das Gesamtproblem recht anschaulich. LobbyControl verweist etwa auf den SPD-Europaabgeordneten Rolf Linkohr, der Energiekommissar Andris Piebalgs in Atomfragen beraten haben soll. Er musste seinen Posten erst räumen, als er der Aufforderung nicht nachkam, sich schriftlich zu einem möglichen Interessenkonflikt zu seiner sonstigen beruflichen Tätigkeit zu äußern – er betreibt eine Beratungsfirma im Sektor Energiewirtschaft. Linkohr, zwischen 1994 und 2004 Präsident des »European Energy Forum«, habe u.a. in den Aufsichtsräten der Atomkonzerne EnBW und Vattenfall gesessen.

Weitere Beispiele sorgten für Aufsehen: So berät Suez-Aufsichtsrat Etienne Davignon, Gründungsmitglied des »European Round Table of Industrialists«, EU-Kommissar Louis Michel ausgerechnet zur wirtschaftlichen Hilfe Afrikas. Gegen Walter Cretalla-Lombardo, der auf der Beraterliste von Innenkommissar Franco Frattini erscheint, ermittelt die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit einem Müllskandal, in dem mehr als 200 Millionen Euro veruntreut worden sein sollen. Und der deutsche Industriekommissar Günter Verheugen wurde laut LobbyControl von Claudia Hennig, Herausgeberin der medox-Verlagsgesellschaft und medizinische Leiterin des medox Anti-Aging-Instituts GmbH in Bonn, in gesundheitspolitischen Fragen beraten.

Donnerstag, 22. März 2007

Musterschüler bei Post-Liberalisierung


Im Oktober 2006 hatte die EU-Kommission dem Ministerrat und dem Europaparlament eine neue Postrichtlinie zugeleitet. Danach sollen die letzten Beförderungsmonopole, die für Briefe bis 50 Gramm gelten, zum 1. Januar 2009 entfallen. In dieser Woche gab der Wirtschaftsausschuss des Parlaments grünes Licht für die Liberalisierungspläne von Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy.

Indes zieren sich einige EU-Mitgliedstaaten wie Frankreich, Italien, Griechenland und Polen, die die Pläne bislang unterstützten. Der französische Industrieminister François Loos erklärte, Paris werde den Termin 2009 ablehnen, wenn nicht ein großzügigeres Unterstützungssystem für Anbieter »universeller Postdienstleistungen« zugelassen werde.

Die Kritiker meinen, dass bislang unklar sei, wie nach dem Markteintritt neuer Unternehmen sichergestellt werden kann, dass Bürger in allen Gegenden an bis zu fünf Tagen pro Woche ihre Post zugestellt bekommen. Bislang würden die staatlichen »Monopolisten« andere Dienstleistungen mit den Erlösen aus dem »reservierten Bereich«, der Briefzustellung bis 50 Gramm, finanzieren. Die Gefahr sei akut, dass sich private Akteure nur auf die profitablen Bereiche wie Firmenzustellungen konzentrierten.

Zwar erlaubt das Kommissionspapier den EU-Staaten, die Universaldienste über »alternative Maßnahmen« zu finanzieren: Beihilfen, Finanzausgleich zwischen gewinnbringenden Diensten und Verlustgeschäften oder einen Ausgleichsfonds, der sich aus Gebühren für neue Anbieter und Nutzer speist. Doch gerade dieser »Wildwuchs« sorgt für Unmut: Die Kritiker fordern klare und einheitliche Regeln sowie detaillierte Studien über die Auswirkungen auf die »reservierten Bereiche« der Monopolisten. Erst dann wolle man sich auf einen endgültigen Termin verständigen.

Die Linke stößt sich von je her an den Liberalisierungsplänen. Helmuth Markov, Europaabgeordneter der Linkspartei, ordnet den Postbereich der »öffentlichen Daseinsfürsorge« zu. Er warnt vor der Ausbeutung der lukrativen Bereiche, was im Widerspruch zu einer preiswerten Universalversorgung stehe.

EU-Kommissar McCreevy wirbt derweil für seine Pläne mit Verweis auf Deutschland, wo das Briefmonopol bereits Anfang 2008 fallen soll. Für viele Kritiker zeigt aber gerade der Musterschüler, welche Probleme auf die anderen Länder zukommen könnten. Seit Beginn der Postliberalisierung machen private Anbieter der Deutschen Post AG mit Kampfpreisen Konkurrenz. Vor allem große Unternehmen sowie öffentliche Einrichtungen nehmen das Angebot gerne an. Der Monopolist verlor Marktanteile und trennte sich von rund 100 000 Mitarbeitern. Das Argument, die privaten Anbieter hätten Jobs in ähnlicher Größenordnung geschaffen, lassen Kritiker nicht gelten. Die Privaten seien nicht an tarifliche Vorgaben gebunden. Magere Stundenlöhne von gerade vier Euro seien keine Seltenheit. Vollzeitstellen mutierten zu Teil- oder Niedriglohnjobs.


Post-Chef Klaus Zumwinkel gehört trotz seiner warnenden Äußerungen keinesfalls zu den Gegnern der Liberalisierung. Er sieht für sein Unternehmen gute Chancen im Ausland. Doch er fordert einen einheitlichen Termin für den Wegfall der letzten Schranke. Die Post denkt darüber nach, wie sie die vorzeitige Liberalisierung in Deutschland »abfedern« kann, da sie selbst erst ein Jahr später im EU-Ausland tätig werden kann. Auch hier wollen die Verantwortlichen vor allem an einem Posten sparen – den Personalkosten.

Dienstag, 20. März 2007

Neue Runde im Sparkassenstreit

Der monatelange Streit zwischen der EU-Kommission und der Bundesregierung über die Namensrechte für deutsche Sparkassen schwelt weiter.

Als löchrig, wässrig und jederzeit angreifbar hatten Experten den im November 2006 erzielten Kompromiss zwischen der Bundesregierung und der EU-Kommission kritisiert. Der sah vor, dass zwar der umstrittene Paragraf 40 des Kreditwesengesetzes (KWG), in dem geregelt ist, dass nur öffentlich-rechtliche Institute den Namen »Sparkasse« tragen dürfen, nicht angetastet wird. Doch sollte das Beihilfeverfahren wegen der zum Verkauf stehenden früheren Bankgesellschaft Berlin – heute Landesbank Berlin Holding AG – als »Sonderfall« behandelt werden. Jetzt bestätigt sich der Verdacht, dass die Sache noch längst nicht ausgestanden ist.

Ausgelöst wurde die Auseinandersetzung seinerzeit durch den für dieses Jahr geplanten Verkauf der früheren Bankgesellschaft Berlin, zu der auch die Berliner Sparkasse gehört. Die EU-Kommission hatte Milliardenhilfen für das einst angeschlagene Finanzinstitut unter der Auflage eines diskriminierungsfreien Verkaufs genehmigt. Ein möglicher privater Käufer solle auch den Namen »Sparkasse« nutzen dürfen. Diese Regelung favorisierte die Kommission zunächst für alle möglichen Fälle, weil nur so die Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit innerhalb des Europäischen Binnenmarktes gewährleistet werden könne.

Es wird deutlich, dass Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes weiter nach Anlässen sucht, um den löchrigen Kompromiss kippen zu können. Sie drohte Deutschland mit einem »dringenden Verfahren« vor dem Europäischen Gerichtshof. Grund: Das Land Berlin fordere in seiner Ausschreibung zum Verkauf der Landesbank vom Käufer eine zehnjährige Beschäftigungsgarantie für die LBB-Mitarbeiter. Kroes soll laut Medienberichten in einem Brief an Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) derlei Vorgaben heftig kritisiert haben, weil sie ein »offenes und nichtdiskriminierendes Veräußerungsverfahren unterlaufen«.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte angekündigt, dass die sozialen Aspekte der Europäischen Union in der Berliner Erklärung, die am 23. März verabschiedet werden soll, eine besondere Rolle spielen werden. »Die Auffassung der EU-Kommissarin Kroes, beschäftigungspolitische Vorgaben beim Verkauf der Berliner Sparkasse als eine Diskriminierung von Investoren zu betrachten, ist in meinen Augen an Zynismus kaum zu überbieten«, erklärte die Europaabgeordnete der Linkspartei, Gabriele Zimmer, gegenüber ND. Bestehe die Kommission darauf, den Verkauf allein nach dem Kriterium des höchstmöglichen direkten Ertrages abzuwickeln, so stelle sie sich damit in offenen Widerspruch zur Ankündigung Merkels.

Die neue Runde im Streit wird ausgerechnet in der Woche der Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der Römischen Verträge eingeleitet und damit auch eine weitere Debatte um die grundsätzliche Frage eröffnen, wann und unter welchen Umständen gesamteuropäische Regelungen in nationalstaatliche Gesetzgebungen eingreifen dürfen. »Das deutsche Sparkassensystem kann nicht unter dem Vorwand europarechtlicher Bestimmungen ausgehebelt werden«, so der SPD-Europaabgeordnete Udo Bullmann. Der Artikel 295 des EG-Vertrages erkläre die Eigentumsordnung klar zu einer Angelegenheit der Mitgliedstaaten: »Dies gilt unabhängig vom Interesse anderer Wettbewerber, die gerne als Investoren bei den Sparkassen einsteigen würden.«

Gestern teilte ein Sprecher der EU-Kommission mit, die Bundesregierung habe die Bedenken doch noch ausräumen können. In einem Schreiben habe sie zugesichert, dass Arbeitsplatzgarantien kein entscheidendes Kriterium beim Verkauf der LBB seien. Dies gehe auch aus der schriftlichen Unterrichtung der 14 Kaufinteressenten durch die Schweizer Großbank UBS hervor, die das Land Berlin berate. Dies aber widerspricht einem Beschluss des Berliner Abgeordnetenhauses. Für Zündstoff wird also weiter gesorgt sein.

Freitag, 16. März 2007

Die Gleichstellung lässt auf sich warten

In EU-Europa ist die Gleichberechtigung von Frauen noch längst nicht durchgesetzt. Auch, weil die Vorgaben aus Brüssel die nötige Konsequenz vermissen lassen.

Frauen sind noch immer Opfer von sozialer Diskriminierung und werden oftmals am Arbeitsplatz zurückgesetzt. Neben den vergleichsweise niedrigen Einkommen – im EU-Durchschnitt 15 Prozent weniger als Männer – sind sie häufiger von Arbeitslosigkeit und Armut betroffen. Frauen sind zudem »noch immer besonders gefährdet, Opfer von Ausbeutung zu werden«. Zu diesem Ergebnis gelangten in dieser Woche die Abgeordneten des Europaparlaments, die über den von der EU-Kommission vorgelegten »Fahrplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern 2006-2010« debattierten.

An der Vorlage gab es heftige Kritik. So meinte etwa die österreichische SPÖ-Abgeordnete Christa Prets, der »Fahrplan« lasse neue Gesetzesvorschläge vermissen, welche »die Mitgliedstaaten präzise in die Pflicht nehmen«. Zudem würde die Verantwortung der Kommission sowie der EU-Mitglieder bezüglich der Informationspflicht gegenüber den Bürgern sowie zur Suche »adäquater Mittel zur Umsetzung der Empfehlungen« in dem Papier nicht genauer definiert.

»Die Ergebnisse des aktuellen Gleichstellungsberichts 2007 weisen auf die nach wie vor bestehende Segregation auf dem Arbeitsmarkt und ein massives, anhaltendes Lohngefälle hin«, sagte die Sozialdemokratin Prets in Straßburg. »Bei der Aufteilung der häuslichen und familiären Aufgaben herrscht immer noch starkes Ungleichgewicht und Frauen haben zunehmend Schwierigkeiten, Berufs- und Privatleben zu vereinbaren.« Als exemplarisch für diese Entwicklung nannte Prets den Rückgang der Zahl von Frauen in Führungspositionen. Die Abgeordnete erinnerte in diesem Zusammenhang an die Situation in Österreich. Dort würden nur 27 Prozent solcher Stellen von Frauen besetzt. In Deutschland beträgt die Quote der weiblichen Mitarbeiterinnen in den Chefetagen sogar nur 24 Prozent.

In der Stellungnahme, die das Parlament am Dienstag billigte, wurde darauf verwiesen, dass »das Recht der Frau auf ihre Reproduktionsentscheidung« nicht beeinträchtigt werden dürfe. Die Vereinbarkeit von Privat- und Familienleben mit dem Beruf sei durch finanzielle Absicherung, angepasste Renten- und Besteuerungssysteme, Sensibilisierungskampagnen und den Ausbau von Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen zu flankieren. Der Gewalt gegen Frauen, Zwangsprostitution und den mit ihr in Zusammenhang stehenden Menschenhandel könne nur durch eine Verstärkung der rechtlichen Maßnahmen begegnet werden.

Das EU-Parlament forderte die Mitgliedstaaten auf, dass die unternehmerische Selbstständigkeit von Frauen unterstützt werden müsse. Zudem forderten sie »die rasche Errichtung des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen«, dass für »die ständige Überwachung der im Rahmen des Fahrplans erzielten Fortschritte unerlässlich« sei. Die EU-Mitglieder wurden aufgerufen, in die Umsetzung der Lissabon-Strategie nationale Gleichstellungsbeauftragte einzubinden. Diese sollten die Durchführung der jeweiligen politischen Maßnahmen ais ihrer Sicht vor Ort überwachen.

Die Europaabgeordnete der Linkspartei Gabriele Zimmer erklärte in ihrem Beitrag, dass es im Sozial- und Beschäftigungsausschuss Übereinstimmung bei der Einschätzung gegeben habe, dass Frauen – trotz großer Fortschritte – gerade im Zusammenhang mit der Globalisierung und dem demografischen Wandel weiterhin diskriminiert würden. Wenn es 40 Prozent atypische Beschäftigungsverhältnisse innerhalb der EU gebe, dann seien vor allem Frauen davon betroffen, erklärte Zimmer. Sie kritisierte zudem den mit fast neun Monaten viel zu langen Zeitraum, der von der Einbringung des »Fahrplans« im Sozial- und Beschäftigungsausschuss des Parlaments bis hin zur Behandlung im Plenum verstrichen sei.

Beschämende Bilanz bei Abrüstung

Das Europaparlament hat eine Entschließung zur Unterstützung des Nichtweiterverbreitungs-Vertrages für Kernwaffen (NVV) verabschiedet.

Anlass für diesen Schritt war u. a. die für das Frühjahr in Wien geplante Tagung des Ausschusses zur Vorbereitung der im Jahr 2010 stattfindenden NVV-Überprüfungskonferenz. In der Entschließung vom Wochenbeginn werden alle Staaten, die gegen das Nichtweiterverbreitungssystem verstoßen oder dem Vertrag noch nicht beigetreten sind, aufgefordert, »ihr unkluges und verantwortungsloses Verhalten« zu beenden und den NVV zu unterzeichnen. Daneben forderten die Parlamentarier Rat und EU-Kommission auf, auch die Ratifizierung des Vertrags zum Verbot von Nuklearversuchen voranzutreiben.

Von einer beschämenden Bilanz aus heutigem Blickwinkel sprach in der Plenardebatte der Fraktionschef der Sozialdemokraten, Martin Schulz. Seit der Vorlage des Vertrages »wurden nämlich nicht etwa weniger Atomwaffen in der Welt verbreitet, sondern deutlich mehr«. Kritik äußerte Schulz auch am geplanten Raketenabwehrsystem, »das jetzt auf Wunsch der amerikanischen Regierung in Tschechien und in Polen installiert werden soll« und rund 58 Milliarden Dollar verschlingen wird. Es wäre besser, »man investiert dieses Geld in eine nachhaltige Entwicklung«, sagte Schulz.

Das sieht auch der Europaabgeordnete für die Linkspartei Tobias Pflüger nicht anders, der daran erinnerte, dass sich nun auch die NATO mit einem eigenen Raketensystem an den USA-Plänen beteiligen will. Auch der deutsche Verteidigungsminister Franz Josef Jung wolle das gesamte Raketenabwehrsystem der NATO unterstellen, sagte Pflüger. »Der Rat und die Kommission der EU sollten endlich diese Raketenabwehrpläne ganz klar kritisieren.«

Schulz hatte Deutschland zudem aufgefordert, die zivilen Nutzung der Kerntechnologie kritisch zu hinterfragen. »Die deutsche Ratspräsidentschaft hat die Gelegenheit, diese Thematik auf die Tagesordnung zu setzen, sowohl des Rates als auch der G 8.«Im Namen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft bedauerte Staatsminister Günter Gloser, dass die NVV-Überprüfungskonferenz 2005 nicht in der Lage gewesen sei, sich auf ein substanzielles Abschlussdokument zu einigen. Diese Erfahrung müsse ein zusätzlicher Grund sein, die »Anstrengungen auf einen erfolgreichen Überprüfungsprozess 2010 zu legen«.

Montag, 12. März 2007

Spaltfrage Atomenergie

Auf dem EU-Gipfel in Brüssel konnte sich Angela Merkel durchsetzen. Dem Beschluss auf eine 20-prozentige Reduzierung der Treibhausgase bis zum Jahr 2020 waren kontroverse Debatten vorausgegangen.

Die amtierende EU-Ratspräsidentin, Bundeskanzlerin Angela Merkel, sprach von einer Übereinstimmung, die von den Mitgliedern gewünscht worden sei und Europa nun in die Lage versetze, eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz zu übernehmen. Kontrovers diskutiert wurden dagegen verbindliche Ziele bei den erneuerbaren Energien, die Merkel als Innovation bezeichnete und mit deren Hilfe Europa nun zum »Exporteur neuer Technologien« werden könne.

Bereits im Vorfeld hatte die deutsche Kanzlerin versucht, Einfluss auf die Haltung des französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac zu nehmen, der sich wie die polnischen und tschechischen Teilnehmer dagegen sperrte, derart verbindliche Ziele festzuschreiben. Vor allem beim Thema Kernenergie machte Chirac unmissverständlich klar, dass diese bei einer Regelung zu erneuerbaren Energien eine besondere Rolle spielen und als besonders klima-freundlich gewürdigt werden müsse. Am liebsten wäre es dem Franzosen gewesen, wenn die Produktion von Atomstrom in die Gesamtbilanz für erneuerbare Energien aufgenommen worden wäre.

Ob sich Chirac am Ende mit seiner Forderung durchsetzen könnte, blieb in der Nacht zum Freitag noch offen, als Merkel sich zur Zwischenbilanz des Gipfels äußerte. Die Kernenergie spiele in der Frage der Gesamtreduktion eine Rolle, räumte sie ein, und werde also bei der nationalen Beurteilung eines richtigen Energiemix berücksichtigt. Mit der Bilanz der erneuerbaren Energien könne sie hingegen nichts zu tun haben, betonte Merkel. Kernenergie und erneuerbare Energien seien »unterschiedliche Technologien, die nicht miteinander verrechnet werden« könnten. Chiracs Versuch, die Themen »gewinnbringend« zu vermischen, gehe nicht auf, meinte Merkel noch in der Halbzeitbilanz.

Neben Frankreich machten auch Tschechien und Bulgarien unmissverständlich klar, dass sie weiter an der Kernenergie festhalten wollen. Die Regierungschefs Mirek Topolanek und Sergej Stanischew hatten erklärt, dass sie Atomstrom für eine umweltfreundliche Energiequelle halten, die zugleich wesentlich zur Versorgungssicherheit der EU beitrage. Dagegen hatte der schwedische Staatschef Fredrik Reinfeldt bereits zu Beginn der Verhandlungen gefordert, die geplante Senkung des Kohlendioxid-Ausstoßes nicht mit der Hilfe der Kernenergie zu erreichen.

Die Staats- und Regierungschefs verständigten sich in Brüssel zudem über die sogenannte Berliner Erklärung, mit der die EU auf einem Sondergipfel in der deutschen Hauptstadt am 25. März an die Gründung der Gemeinschaft vor 50 Jahren erinnern will. Es gebe »völliges Einvernehmen« unter den Mitgliedsstaaten, dass sich die Erklärung so »an die Menschen wenden« soll, dass sie von ihnen auch »verstanden« wird. In dem Dokument sollen sich u.a. die Komplexe »gemeinsame Wertebasis«, EU-Erweiterung und europäisches Sozialmodell wiederfinden. Auf die Frage eines Journalisten, ob denn ein Schriftsteller an der Ausarbeitung der Erklärung beteiligt werde, antwortete Merkel, dass mit Hans Magnus Enzensberger, der das zweifellos könne, noch nicht gesprochen worden sei.

Die Europaabgeordnete der Linkspartei Gabriele Zimmer hatte bereits vor dem Treffen in Brüssel die ungenauen oder fehlende Aussagen Merkels kritisiert, die eine Neuorientierung der EU auf eine soziale Union einleiten und verbindliche soziale und ökologische Mindeststandards festlegen könnten. »Mit Blick auf die Äußerungen der Regierungschefin zur Belebung des europäischen Verfassungsprozesses und die Benennung eines Zeitplans für seine Umsetzung wiederholen wir unsere Position, dass eine EU-Verfassung tatsächlich eine demokratische, solidarische, soziale und friedliche Union ermöglichen muss«, hatte Zimmer geäußert. Merkel habe einen EU-weiten Volksentscheid prinzipiell abgelehnt. »Auch hierbei unterscheidet sie sich nicht von all jenen Europapolitikern, die zwar immer wieder Visionen verkünden wollen, aber dabei einfach die Bevölkerungen vergessen.«

Donnerstag, 8. März 2007

Breites Themenspektrum auf EU-Gipfel

Zum Brüsseler Frühjahrsgipfel ist der Konflikt unter den 27 Mitgliedsstaaten vorprogrammiert. Beim Treffen der Außenminister in der vergangenen Woche hatten diese sich nicht auf ein verpflichtendes Ziel zum Ausbau alternativer Energieträger auf 20 Prozent bis 2020 verständigen können. Derzeit liegt der Anteil in der EU bei 6,5 Prozent.

Nach dem derzeit innenpolitischen Querelen droht der Kanzlerin Angela Merkel, die zugleich derzeitige EU-Ratspräsidentin ist, nun auch außenpolitischer Ärger. Vor allem der Ausbau der erneuerbaren Energien ist unter den EU-Mitgliedsstaaten umstritten und die Chance, sich doch noch auf verbindliche Ziele einigen zu können, schrumpft. Deutschland, Dänemark und Großbritannien setzen sich für klare Zielsetzungen ein; Frankreich, Finnland und eine Reihe neuer EU-Mitglieder lehnen bislang derlei Maßgaben aus unterschiedlichen Gründen ab. Die Franzosen und Finnen setzen weiter auf die Karte Kernenergie, weil sie der geforderten Senkung von Emissionen am besten Rechnung trage; die Osteuropäer befürchten derweil, dass solche Vorgaben ihre wirtschaftliche Entwicklung hemmen könnten.

EU-Kommissionspräsident Josè Manuel Barroso machte indes deutlich, dass der Handlungsspielraum für Kommission und Rat bezüglich der Zukunft der nuklearen Energiegewinnung eher bescheiden sei. „Die Entscheidung über den Einsatz von Kernenergie liegt bei den Mitgliedsstaaten“, sagte er am Dienstag. Dennoch brauche Europa auch für nachhaltige und erneuerbare Energie einen „klaren stabilen Rahmen für die nächsten 20 Jahre“, der zudem für rund 300.000 neue Arbeitsplätze sorgen könnte. Sollte es zum Gipfel doch noch zu einer Einigung kommen, versprach er, „dann werden wir bis spätestens Ende des Jahres mit konkreten Vorschlägen aufwarten“.

Die deutsche Ratspräsidentschaft bezeichnete es im Vorfeld des Gipfels als entscheidend, dass bei dem EU-Gipfel erstmals eine „langfristige Weichenstellung“ mit einem „integrierten Programm“ für den Klimaschutz verabschiedet wird. Mit ihr will die deutsche Kanzlerin im Juni auch die Teilenehmer des Treffens der G8 in Heiligendamm von weitergehenden Umweltzielen, wie der Senkung der weltweiten Emissionen um 30 Prozent, überzeugen. Kommt es zu keiner Einigung, dann will man sich innerhalb der EU auf eine Senkung um 20 Prozent festlegen.

In Brüssel wird zudem die Debatte um einen neuen europäischen Verfassungsentwurf aufgerufen, der bis Ende 2008 auf den Tisch liegen und ein Jahr später durch alle Mitgliedsstaaten ratifiziert werden soll. Doch auch dieses Thema sorgt vor allem in jenen Ländern für Unbehagen, die traditionell auf einen Volkentscheid setzen. In Schweden soll Ratspräsidentin Merkel bereits den Versuch unternommen haben, die Regierung davon zu überzeugen, dieses politische Instrumentarium nicht anzuwenden.

Barroso verknüpft die Diskussion zur künftigen EU-Verfassung mit der Forderung nach einer Regelung der institutionellen Fragen, so dem Abbau der Bürokratie innerhalb Europas. „Die meiste Bürokratie kommt aus den Verwaltungen der Mitgliedsstaaten und nicht aus der Europäischen Kommission“, meinte er kämpferisch. Wenn der Verfassungsvertrag bis 2009 unter Dach und Fach sein soll, dann müsse man sich „kräftig ins Zeug legen“.

Darüber hinaus werden sich die Staatschefs in Brüssel mit der Zwischenstand der Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung befassen. Aus einer Studie der Bertelsmann-Stiftung geht hervor, dass die EU reale Chancen habe, die Ziele zu erreichen, allerdings hätten die meisten EU-Staaten noch einen weiten Weg vor sich, um auch langfristig haushaltspolitische Stabilität und dynamisches Wirtschaftswachstum zu erreichen. Trotz der aktuell verbesserten Haushaltslage erfüllt auch Deutschland „noch immer nicht die Kriterien einer nachhaltigen Fiskalpolitik“, belegt die Studie.

Montag, 5. März 2007

»Letzte Warnung« aus Brüssel für Polen

Der Streit zwischen der EU-Kommission und der polnischen Regierung wegen der begonnenen Bauarbeiten für Umgehungsstraßen, die durch wichtige Naturlandschaften im Rospuda-Flusstal und im nordostpolnischen Wald-Heidegebiet der Puszcza Knyszyska führen sollen, scheint allmählich zu eskalieren. Die Kommission will das seit Dezember 2006 laufende Vertragsverletzungsverfahren beschleunigen und hat Polen nun eine »letzte Warnung« zugestellt.

Der Vorwurf, den Umweltkommissar Stavros Dimas der polnischen Regierung vortrug, war klar und deutlich: Auch wenn die Kommission den Ausbau des Straßennetzes befürworte, besonders im Nordosten im Verlauf des Fernstraßenkorridors zwischen Helsinki und Warschau, könne sie das Projekt der geplanten Umgehungsstraßen von Augustów und Wasilków nicht billigen, sagte Dimas. Die Gefahr sei akut, dass Urwälder und andere natürliche Lebensräume von »europäischer Bedeutung« verletzt werden. Die Arbeiten führten zu »unumkehrbaren Schädigungen« und wären »weder notwendig noch gerechtfertigt«.

Zwar sieht sich die polnische Regierung schon etwas unter Druck, doch grundsätzlich will sie ihre Haltung offenbar nicht überdenken. Im Gegenteil: In der vorangegangenen Stellungnahme wird dem Vorwurf widersprochen, das Bauvorhaben verstoße gegen EU-Recht. Die polnische Regierung zeigte sich von der Rechtmäßigkeit des Investitionsvorhabens überzeugt. Premier Kaczynski (Foto: EU-Kommission) sagte noch Ende vergangener Woche, dass er zwar Verständnis für die Proteste der Umweltschützer aufbringe, ihnen aber keinesfalls nachgeben werde. Denn so etwas könnte Schule machen und dann anderen Projekten im Wege stehen.

Damit ist Kaczynski fein raus, denn auch in Polen gibt es für derlei gewichtige Vorhaben, die den Unmut der Menschen herausfordern, keinerlei gesetzliche Möglichkeiten, um ein Referendum in Gang zu setzen. Mit einer solchen Möglichkeit hätten die Gegner des Straßenbaus durchaus realistische Chancen gehabt, das Projekt doch noch aus eigener Kraft stoppen zu können. In einer Meinungsumfrage, die im Auftrag der Tageszeitung »Gazeta Wyborcza« vom Institut PBS durchgeführt wurde, sprachen sich 65 Prozent aller Polen für eine alternative Streckenführung aus.

Gerade an diesem Fakt erhitzen sich die Gemüter im fernen Brüssel: Die polnischen Behörden hatten eine andere Streckenführung, die vor allem von Naturschützern als Alternative ins Spiel gebracht wurde, rundweg abgelehnt. Sie begründeten es damit, dass das Vorhaben aus Gründen der Straßenverkehrssicherheit von »überragender Bedeutung« sei. Dieses Argument wollte indes Kommissar Dimas nicht gelten lassen: Der Verkehrssicherheit könne auch durch andere Streckenführungen angemessen Rechnung getragen werden, bei denen irreparable Schäden an dem Schutzgebiet vermieden würden.

Die EU-Kommission betrachtet die Angelegenheit jedenfalls als »äußerst dringlich«, da die Abholzungsarbeiten bereits eingesetzt haben und sich die Bauarbeiten ab 19. März nahtlos anschließen sollen. Geht innerhalb der nächsten Tage von Warschau aus keine positive Antwort nach Brüssel, dann droht die Kommission mit raschen Maßnahmen beim Europäischen Gerichtshof, etwa mit einer einstweiligen Verfügung. So könnten die Bauarbeiten ausgesetzt werden, bis in dieser Sache eine Anhörung stattgefunden hat.


Der Bürgermeister von Augustów, Leszek Cieslik, bislang ein glühender Verfechter der Baupläne, machte der EU nun sogar ein »Angebot«, berichtete ein polnischer Radiosender: Wenn die EU-Kommission die Schließung des polnisch-litauischen Grenzübergangs bei Augustòw für Lastwagen veranlasse, dann stimme die Stadt einem Baustopp im Rospuda-Tal zu. Schließlich warte man schon seit 15 Jahren auf die Umgehungsstraße, meinte er. Ein Baustopp ohne Kompensation käme jedenfalls nicht in Frage. Proteste der Einwohner, die unter dem Durchgangsverkehr leiden, geben dem Bürgermeister da Rückendeckung.

Sonntag, 4. März 2007

Friedensformel im Wodka-Krieg?

Was sich Millionen europaweit zumeist gedankenlos „hinter die Binde gießen“, kann im Europaparlament durchaus zu heftigen Auseinandersetzungen führen. Es geht um ein EU-weites „Reinheitsgebot“ für Wodka, um das sich Polen und die baltischen Staaten bemühten, aber mit dem sie sich schon im Ausschuss für Lebensmittelsicherheit nicht durchsetzen konnten. Vor der Abstimmung am 12.März im Straßburger Plenum geht es nun um die Suche nach einer „geeigneten Friedensformel“.

Schon in den vergangenen Wochen waren die Ausschussmitglieder auf der Suche nach einer gangbaren Lösung. Sie bestätigten einen Bericht, in dem es um die zukünftige EU-Verordnung zur „Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen“ geht und der im März-Plenum zur Abstimmung stehen wird. Der strittigste Punkt in dem Vorschlag ist, auf welchen Flaschen, in denen sich der Hochprozentige befindet, in Zukunft „Wodka“ stehen darf. Polen und mehrere Länder Nordosteuropas sind der Meinung, dass echter Wodka allein auf der Grundlage von Kartoffeln und Getreide und allenfalls noch mit Rübensirup hergestellt werde dürfe, weil das dort traditionell schon über seit 500 Jahren praktiziert werde.

Doch die Praxis sieht anders aus, denn Wodka kann grundsätzlich aus so gut wie allen landwirtschaftlichen Produkten hergestellt werden, deren Stärke sich vergären lässt. Mehrere bekannte Wodkasorten in Deutschland, so Gorbatschow, Smirnoff und Ciroc, aber auch „Wässerchen“ in Frankreich, Großbritannien, den USA und Russland, werden auf der Basis von Trauben, Früchtemischungen, Soja, Molke oder Pressresten hergestellt. Die USA, sowohl wichtiger Importeur europäischen Wodkas als auch selbst Exporteur, kündigten bereits an, dass sie eine restriktive Definition von Wodka im Rahmen der Welthandelsorganisation anfechten würden.

Die EU-Kommission hatte zunächst eine Definition vorgeschlagen, die die unterschiedlichen üblichen Ausgangsstoffe zulassen wollte. Allerdings hätten die – im Kleingedruckten - auf dem Etikett vermerkt sein müssen. Der im Ausschuss erzielte Kompromiss sieht dagegen vor, dass traditionell auf der Basis von Kartoffeln, Getreide oder Melasse hergestellter Wodka auch so – ohne Zusatz - benannt werden darf. Hochprozentiger, dessen Alkohol aus anderen Produkten hergestellt wird, müsste dann beispielsweise als „Wodka aus Trauben“ etikettiert werden. Folgt das Parlamentsplenum diesem Vorschlag, dann wäre die Grundlage für eine schnelle Einigung mit dem Ministerrat gegeben.

Dass es den Polen und den Nordosteuropäern dabei nicht etwa um die Sache an sich geht, das wird beim genauen Hinschauen deutlich, denn weltweit werden mit Wodka über neun Milliarden Euro jährlich umgesetzt. In der EU werden 70 Prozent im Baltikum, in Polen sowie in Finnland und Schweden produziert und es sind eben diese Länder, die absolut auf der teuren Kartoffel-Getreide-Basis bestehen und anderen Schnäpsen die Bezeichnung Wodka per EU-Verordnung absprechen wollen. Die Tradition werde nur vorgeschoben, urteilte die SPD-Europaabgeordnete Dagmar Roth-Behrendt verärgert. „Mit der Forderung nach einem 'Reinheitsgebot' sollten etablierte Produkte vom Markt gedrängt werden.“

Und Roth-Behrendt weiß, wovon sie spricht: In ihrem Berliner Wahlkreis ist die Traditionsdestille Gorbatschow beheimatet, die – ihrer Auffassung nach - von einem solchen „Reinheitsgebot“ durchaus existenziell betroffen sein könnte. Das „Wässerchen“ des Firmengründers Leonotowitsch Gorbatschow, der während der Oktoberrevolution von Russland aus nach Berlin emigriert war und dort 1921 mit der Wodka-Produktion begann, gilt hierzulande als Marktführer und gehört inzwischen zum Wiesbadener Henkell & Söhnlein-Konzern. Ein Zusatz auf dem Etikett, der auf die Bestandteile des Berliner Klaren hinweist, wäre demnach also das kleinere Übel für das Unternehmen. Letztlich sei nach Auffassung von Roth-Behrendt deshalb der Kompromiss „mit Blick auf eine klare Mehrheit“ im Plenum „akzeptabel.“

Dennoch vermutet die Berlinerin, dass der Ärger mit dem Wodka auch nach der Abstimmung noch nicht ausgestanden sein könnte. „Sollte der jetzt angenommene Text sich im endgültigen Gesetzestext wiederfinden, bin ich auf die dann absehbare Befassung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) gespannt“, räumte sie skeptisch ein. Genauso wie beim deutschen Bier oder der italienischen Pasta rechtfertigten traditionelle Herstellungsmethoden keine Sonderbehandlung gegenüber abweichenden Produktionsverfahren, begründete sie. Für den Fall, dass sich Polen und Nordeuropäer wider Erwarten doch bei der „wässrigen“ Abstimmung am 12.März durchsetzen, wolle man ein „Reinheitsgebot“ beim Bier einfordern, kündigte Roth-Behrendt an.

Und auch das Lieblingsgetränk der Deutschen wird bereits an diesem Mittwoch (28.Februar) auf der Agenda des Wirtschaftsausschusses auftauchen, wenn es um die Kommissionsvorlage geht, die eine Angleichung der Verbrauchssteuern auf Alkohol innerhalb der EU einfordert. Die Deutschen müssten nach dem Willen der Kommissare ab dem Jahr 2010 bis zu 1,2 Cent für einen halben Liter Bier mehr berappen. An sich wäre das kein Problem, meinte sogar der Deutsche Brauerbund. Nur nach der Erhöhung der Mehrwertsteuer zu Beginn des Jahres 2007 könnte sich der Vorstoß der Kommission in Deutschland zu einem Politikum auswachsen. Das hatte offenbar auch die Bundesregierung befürchtet. Auch sie sträubt sich – wie einige andere Staaten - gegen die derzeit eher unpopulären Pläne.


Selbst Gesundheitskommissar Markos Kyprianou (Foto: Europäische Kommission) sekundierte den Steuerplänen seiner Kollegen und scheiterte gnadenlos mit einem Versuch, alle möglichen alkoholischen Getränke – ähnlich wie bei Tabakwaren – mit Warnhinweisen zu versehen. Denn letztlich geht es bei dem Vorhaben der Kommission erneut um andere, handfeste Gründe, wie das Beispiel Finnland nachhaltig belegt. Das Land hatte beispielsweise erst seine Alkoholsteuer gesenkt, weil sich die Landsleute ihre harten Getränke in den Nachbarstaaten besorgten. Wenn sich aber die Finnen schon ruinieren, dann soll die einheimische Wirtschaft davon profitieren, meinten offenbar die politischen Verantwortungsträger. Nun gehört das Land zu den glühenden Verfechtern einer EU-weiten „Steuerangleichung“, die, so die Hoffnung, den Anreiz der trinkfreudigen Finnen vermindern könnte, sich ihren Hochprozentigen weiterhin woanders zu besorgen. Erst dann spielen die gesundheitspolitischen Aspekte wirklich eine Rolle.

Regionen wollen mehr Autonomie


Die Nervosität vor den Parlamentswahlen in Belgien am 10.Juni ist augenscheinlich. Nach Meinung von Experten könnte der Ausgang der Entscheidung wesentliche Einblicke darüber verschaffen, wie es um die Zukunft des belgischen Staates bestellt ist.

Das Gespenst, dass über dem kleinen zehn Millionen Einwohner zählenden Land hinweggeistert, ist keinesfalls neu: Belgien präsentiert sich im Inneren zerrüttet und hat alle Mühe, das öffentliche Bild wenigstens einigermaßen kaschieren zu können. Besonders deutlich wurde der immer währende Konflikt zwischen der flämischen und der wallonischen Bevölkerung, als ein fiktives TV-Spektakel des öffentlich-rechtlichen Fernsehens RTBF vor wenigen Monaten für Aufruhr sowohl im Inland als auch im Ausland sorgte. Flandern habe sich vom Rest des Landes abgespalten, König Albert II. sei auf der Flucht ins Ausland, verkündete der Sender. Wörtlich hieß es: „Belgien existiert nicht mehr!“ Per Liveschaltungen berichteten Journalisten aus dem Parlament und dem Königspalast. Einige hatten sich auch vor dem Atomium, dem Wahrzeichen Brüssels postiert, wo angeblich die Minister der Regierung Zuflucht gesucht hatten.

Es dauerte einige Wochen, bis sich die Wogen nach dem TV-Schock einigermaßen wieder geglättet waren. Der Chef des Senders wurde zum zuständigen Minister beordert und bekam eine gewaltige Kopfwäsche. Doch die darauf erfolgte Entschuldigung konnte das reale Problem in der belgischen Gesellschaft nicht verdecken: Die Auseinandersetzung um die Gleichberechtigung der niederländischen Sprache und Kultur mit dem dominierenden Französisch, die bis in die Mitte des 19.Jahrhunderts zurückreicht, hat sich bis in die heutigen Tage nicht auflösen lassen. Zwar gab es im Rahmen mehrerer Reformpakete bereits ab den 50er Jahren auch eine klare Regelung von Sprachgebieten. An den Versuchen, Abspaltungen oder anderweitige Autonomiebestrebungen ins Gespräch zu bringen, änderten diese allerdings kaum etwas.

Die belgische Politik trägt an der Verschärfung der Situation selbst einen großen Teil der Schuld. Im Vorfeld der Kommunalahlen im vergangenen Jahr, die zu einem Erstarken der äußersten Rechtsparteien, wie dem Vlaams Belang, führten, hatten sie den Streit erneut forciert. Es gab heftige Auseinandersetzungen der Regionalpolitiker, die zumeist auch noch in der Öffentlichkeit ausgetragen wurden. Außerdem legen sich die Regionen Flandern, Brüssel und die Wallonie auch nur noch mit der belgischen Regierung an, obwohl diese in den vergangenen Jahren immer mehr Kompetenzen abgegeben hatte. Daneben hantieren die Sprachgemeinschaften, darunter die 70.000 Deutschsprachigen, die wiederum arge Verständigungsschwierigkeiten mit den Regionen offenbaren. Das Ergebnis dieser Entwicklung: Fünf Parlamente hat das kleine Belgien, sieben Regierungen und Teilregierungen mit insgesamt mehr als 50 Ministern. Statt der Entwicklung hin zu einer „einheitlichen Sprache“ zerfällt Belgien immer mehr in nationalstaatliche Strukturen und hat mit deren Egoismen zu kämpfen.

Dieser Prozess ist bei weitem noch nicht abgeschlossen. Die flämischen Politiker fordern im Zuge der Parlamentswahlen eine weitere Staatsreform ein, die mehr Autonomie der drei Teilstaaten ermöglichen soll. Spätestens 40 Tage vor dem Wahlakt muss das belgische Parlament dazu eine Erklärung vorlegen und eine parlamentarische Zustimmung erfordert eine Zweidrittelmehrheit.

Auch die deutschsprachige Gemeinschaft (DG) will von diesem Reform-Kuchen, der gerade in Gesprächen zwischen den politischen Parteien gebacken wird, einige Stücke abhaben.
Deren Ministerpräsident, der Sozialdemokrat Karl-Heinz Lambertz (SP), fordert ebenfalls Reformgespräche zur konstitutiven Autonomie und will wenigstens eine garantierte Vertretung in Kammer und Senat. Die deutschsprachigen Parteien forderten nach der Gesprächsrunde die Wiederaufnahme von Verhandlungen über die Übertragung weiterer Zuständigkeiten von der Wallonischen Region ein, weil de deutschsprachigen Belgier keinen garantierten Vertreter dort haben. Überhaupt stellen sie die Provinzzugehörigkeit in Frage.

Lambertz hatte sich übrigens im Zusammenhang mit dem TV-Spektakel einigen Ärger eingefangen. Er gehörte nämlich zu den Politikern, die sich in einer Live-Schaltung „authentisch“ zu Wort gemeldet hatten und, wie er bestätigte, zu den Eingeweihten zählte. Zu dem Vorgang musste er sich im eigenen Parlament heftige Kritik gefallen lassen. Auf die Frage, warum er überhaupt teilgenommen habe, antwortete er, weil diese Sendung den Versuch unternommen hatte, „den schleichenden Prozess des Infragestellens des belgischen Staates zu stoppen, den wir seit Jahrzehnten erleben, der sich ständig fortsetzt und in der Bevölkerung große Fragen, Ängste und Beunruhigungen hervorruft“. Die Autoren der Sendung hätten „mit der Fiktion einen Bewusstseinsbildungseffekt erzielen“ und „dem Prozess der ständigen Infragestellung -direkter oder indirekter Art - der Weiterexistenz Belgiens einen deutlichen Riegel“ vorschieben wollen.

Auf die Frage, wie es denn mit der Deutschsprachigen Gemeinschaft weitergehen würde, wenn Flandern wirklich seine Unabhängigkeit erklären würde, habe Lambertz geantwortet, „dass wir deutschsprachige Belgier es äußerst bedauern“ würden, wenn „der belgische Staat nicht mehr den Rahmen für unsere eigene Autonomie darstellt.“ Aber er habe darüber hinaus auch deutlich gemacht, dass „nach einem solchen in der Tat historischen Ereignis die Deutschsprachige Gemeinschaft nicht ohne Alternative da steht“. Diese Botschaft sei ihm „persönlich nicht aus fiktiven, sondern aus sehr realen Gründen äußerst wichtig“ gewesen.

Fußball an der Börse

Mit der Rolle des Profifußballs in Europa beschäftigte sich ein Bericht des belgischen Abgeordneten Ivo Belet, über den das Europaparlament in seiner Sitzung voraussichtlich am 13. oder 14. März in Straßburg debattieren wird. In dem Papier wird die Einrichtung einer unabhängigen Behörde gefordert, welche die finanziellen Aktivitäten von Profiklubs überwachen und damit zur Verhinderung von "Betrugsdelikten und undurchsichtigen Investitionen" im Fußballgeschäft beitragen soll.

Jährlich werden bis zu vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Europäischen Union durch Sport erwirtschaftet, heißt es in dem Papier. Diese enorme Expansion hat zu einer Zunahme des Wertes der Fernseh- und Vermarktungsrechte und des Sponsoring geführt. Viele kriminelle Handlungen – wie Spielmanipulationen und Korruption – seien das Ergebnis der Spirale von Ausgaben, Gehälter-Inflation und der daraus folgenden Finanzkrise vieler Vereine. Deshalb fordert Bellet für sämtliche europäischen Vereine „eine identische Finanzkontrolle“, um die Transparenz zu gewährleisten und um „finanzielle Ausrutscher und Ungleichbehandlungen zu vermeiden“.

Zudem wird in dem Bericht der gegenwärtige Trend, dass die Vereine an die Börse gehen, kritisch hinterfragt. Bellet bezeichnet in als einen „Schritt der Annäherung an das amerikanische Modell“. In den Vereinigten Staaten seien Profi- und Amateurligen klar getrennt. Die amerikanischen Vereine in den höchsten geschlossenen Ligen wären „gewinnorientierte und weniger erfolgsorientierte Einheiten“, daher gebe es auch Aufstieg und Relegation nicht. Um interessante Wettbewerbe zu haben, seien die Vereine für Umverteilungsmaßnahmen offen. Es stelle sich allerdings die Frage, ob „die beiden Ziele - das Spiel gewinnen und die Gewinne der Aktionäre zu optimieren - innerhalb des traditionellen offenen europäischen Modells kombiniert“ werden könnten.

Zwar gebe es aufgrund nationaler Unterschiede in der Anwendung von Lizenzregelungen „keine gleichen Wettbewerbsbedingungen im Profifußball“, doch bewertet Bellet zumindest die langwierigen Auswirkungen des Bosman-Urteils aus dem Jahre 1995 auf die Herangehensweise der europäischen Clubs an Spielerverträge als positiv. „Aber eine Vielzahl von Profispielern in Europa - laut Fifpro ca. 50 Prozent - haben nach wie vor keinen Arbeitsvertrag mit ihrem Verein, und eine Reihe von Beschäftigungs- und Ausbildungsverträgen sind rechtlich problematisch“, schränkt er ein. Außerdem führten die Unterschiede zwischen den Sozial- und Steuergesetzen der Mitgliedstaaten zu Ungleichgewichten zwischen den Vereinen. Diese wiederum könnten ein Grund dafür sein, dass Spieler ihr Heimatland verlassen. Nach Ansicht von Bellet könnten diese Probleme „durch eine Harmonisierung/Koordinierung des rechtlichen, sozialen und steuerlichen Status für Profispieler und Clubs überwunden werden“. In einem Sozialdialog müsste man auch die Fragen der Altersversorgung, der Arbeitslosigkeit und des Krankheitsurlaub erörtern.


Der neue Präsident der UEFA, Michel Platini, erklärte kürzlich, er wolle die EU dafür mobilisieren, für den europäischen Fußball einen schützenden Rechtsrahmen zu schaffen und dafür zu sorgen, dass Fußball ein Spiel bleibt und nicht zum Produkt reduziert wird. Doch gerade für Sport hat die EU aber kaum gesetzgeberische Kompetenzen. Einer der größten Erfolge in den vergangenen Jahren war die Gesetzgebung zur Mindestinformation über Ereignisse von öffentlichen Interesse, die sogenannte Richtlinie Fernsehen ohne Grenzen. Sie führte in Deutschland dazu, dass Zusammenschnitte aus Bundesligaspielen stets auch im Free-TV gesendet werden konnten.

Freitag, 2. März 2007

Mit Russland und der Kernfusion

Die EU-Kommission setzt auf eine enge energiepolitische Kooperation mit Russland. Mit der Strategie befasste sich jetzt das Europaparlament.

Seit über einem Jahr laufen teilweise hitzige Debatten innerhalb der EU, wie sich die Mitgliedsländer von Energieimporten unabhängiger machen können. Stein des Anstoßes war der Streit zwischen Russland und der Ukraine über Gaslieferungen, der auch die EU-Versorgung bedrohte. Mit ihrem aktuellen Strategie-Bericht macht die Kommission deutlich, dass die EU energiepolitisch weiter auf die Karte Russland setzen soll. Es bleibt bei freundlichen Appellen an die Adresse von Präsident Wladimir Putin, durch Unterzeichnung der Energiecharta die Beziehungen berechenbarer zu machen. Die Zusammenarbeit mit Russland wird als »wesentliche Voraussetzung für die Sicherung der Energieversorgung in Europa« bezeichnet. Das Land versorgt die EU bereits mit rund 25 Prozent ihres Erdöl- und Erdgasbedarfs. Die Importe dürften in naher Zukunft »weiter zunehmen«.

Der internationale Handelsausschuss des Europaparlaments bestätigt nun in einer Stellungnahme die Zukunftsstrategie der EU-Kommission für die energiepolitischen Außenbeziehungen. Es wird aber darauf hingewiesen, dass die Kommission gemeinsam mit den Erzeugern und den Mitgliedstaaten Initiativen umsetzen müssten, welche die Forschung im Energiebereich unterstützen. Darunter zähle der Versuchsreaktor ITER, an dem auch die USA, Japan, Russland, China, Indien und Südkorea beteiligt sind; er soll die Machbarkeit der Energieerzeugung aus Kernfusion demonstrieren und bis zu zehn Mal mehr Energie liefern, als er zum Betrieb benötigt. Die britische Grüne Caroline Lucas wollte die Passage zu ITER aus der Stellungnahme streichen lassen, doch ihr Antrag wurde abgelehnt.

Helmuth Markov (Linkspartei), der den Ausschuss jetzt leitet, ist nicht generell gegen die Weiterentwicklung der Kernfusionstechnologie, wenn dafür die gefährlichere Energieerzeugung durch Kernspaltung endlich beendet wird. ITER könne aber keinen kurzfristigen Beitrag dazu leisten, die EU-Energieimporte wirksam zu drosseln. Vor allem kritisiert Markov die hohen Kosten des Programms – die EU beteiligt sich mit rund fünf Milliarden Euro. Man stelle sich vor, was möglich wäre, »wenn eine solche Summe in die Weiterentwicklung erneuerbarer Energien und sauberer Kohlenwasserstoffe fließen würde«, meinte Markov. Doch hier komme die Kommission nicht über Appelle an die Mitgliedstaaten hinaus.